Engholm mit Trillerpfeien begrüßt

■ Jusos rechnen auf Sonderkongreß mit Parteispitze ab

Bonn (dpa) – Die Jungsozialisten sind auf ihrem außerordentlichen Bundesparteitag in Bonn mit der SPD-Spitze scharf ins Gericht gegangen und haben den Kurs des SPD-Vorsitzenden Björn Engholm heftig kritisiert. Mehrere Redner warfen Engholm wegen seiner Haltung zum Asylrecht und anderer Kurskorrekturen „gnadenlosen Opportunismus“ vor. Engholm wurde sogar eine Mitschuld an den ausländerfeindlichen Übergriffen gegeben. Ein Redner stellte ihn in eine Reihe mit dem rechtsgerichteten Vorsitzenden der Freiheitlichen Partei Österreichs (FPÖ), Jörg Haider.

Engholm, der von einem Teil der Anwesenden mit Buhrufen und gellenden Trillerpfeifen begrüßt wurde, verwahrte sich energisch gegen solche persönlichen Unterstellungen. Er warnte den SPD-Jugendverband davor, in einen neuen Fundamentalismus zurückzufallen. Wenn die SPD einer solchen Linie folge, werde sie unweigerlich zu einer Randpartei schrumpfen, sagte er unter lauten Protesten im Saal.

Für ihn sei die Regierungsfähigkeit der SPD im Bund nicht alles. Dieses Ziel und die Zustimmung bei möglichst vielen Menschen dürfe jedoch nicht als „gering“ abgetan werden. Engholm rief dazu auf, das in den vergangenen Monaten nicht „grandiose Verhältnis“ zwischen Parteiführung und dem Nachwuchsverband zu entkrampfen. Er hoffe darauf, daß die Jusos bei der „Mutterpartei“ blieben.

Nach den Worten des Parteichefs ist die Zeit vorbei, in der sich Deutschland der internationalen Partnerschaft verweigern könne. Die Einmischung in repressive Systeme müsse zur künftigen Außenpolitik gehören. Der „Blauhelm“- Beschluß des SPD-Sonderparteitag sei das „mindeste“, was aktive Sozialdemokraten tun könnten. Er erinnerte die Parteilinke daran, daß von dort kaum pazifistische Töne gekommen seien, als es noch um Vietnam, Nicaragua und Südafrika gegangen sei.

Der Juso-Vorsitzende Ralf Ludwig warf der SPD-Führung eine Anpassung an den konservativen Zeitgeist vor. Sie strebe die Rolle eines „zahnlosen Juniorpartners in einer großen Koalition“ an. In einem mit großer Mehrheit verabschiedeten Antrag wurde die SPD von den Jungsozialisten dazu aufgefordert, eine „Strategie zur Durchsetzung einer linken Reformpolitik“ zu entwickeln. Eine breite Linke sei in der SPD derzeit nicht auffindbar. Die Rolle müßten nun verstärkt die Jusos übernehmen.