Ein Radikalenerlaß gegen Rechts?

■ Politiker aller Alt-Parteien erinnern sich probater Mittel gegen Links / Neue Brandanschläge auf Asylbewerberheime / Mehrere Verletzte bei Schlägereien mit politischen Motiven

Frankfurt (AP/dpa/taz) – Abgeordnete aller Alt-Parteien fordern einen „Radikalenerlaß“ gegen Rechts. Der innenpolitische Sprecher der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Erwin Marschewski, sagte „Bild“: „Was in den 70er Jahren für die Linksradikalen galt, sollte jetzt auch für die Rechtsradikalen gelten.“ Der FDP-Abgeordnete Jürgen Starnick verlangte eine Einzelfallprüfung für Mitglieder der Reps und der DVU im öffentlichen Dienst. Der SPD-Innenexperte Günther Graf sagte: „Der Radikalenerlaß, wie er in den 70er Jahren für die Linksradikalen bestand, könnte ein geeignetes Mittel sein, um Neonazis aus dem öffentlichen Dienst fernzuhalten.“ Der SPD-Wehrexperte Erwin Horn forderte, innerhalb kürzester Zeit 70.000 Soldaten zur Bekämpfung des rechtsradikalen Terrors zum Grenzschutz und zur Bereitschaftspolizei zu versetzen.

Am Wochenende wurden erneut mehrere Brandanschläge verübt. Unbekannte legten in Urberach bei Offenbach Feuer in zwei überwiegend von Ausländern bewohnten Mehrfamilienhäusern. Im westfälischen Westerkappeln wurde ein Brandanschlag auf ein Flüchtlingsheim verübt, in dem vorwiegend Menschen aus dem ehemaligen Jugoslawien wohnen. Im niedersächsischen Königslutter-Beienrode bei Helmstedt warfen unbekannte Täter einen Brandsatz durch ein geschlossenes Fenster eines Asylbewerberheims.

Bei Schlägereien mit politischem Hintergrund wurden mehrere Menschen verletzt, so bei Prügeleien mit Skinheads in einer Diskothek im nordhessischen Bromskirchen. Drei rechtsgerichtete Jugendliche wurden in der Nacht zum Samstag in Gräfenthal (Thüringen) verletzt, als laut Polizei zehn linke autonome Jugendliche vier Anhänger der rechten Szene mit Baseballschlägern verprügelten. In Augsburg schlugen mehrere ausländische Jugendliche einen 18jährigen Skinhead zusammen, der in einer Diskothek mehrmals „Ausländer raus“ gebrüllt hätte. Drei der Verdächtigen wurden festgenommen. Bei einer Schlägerei zwischen deutschen Jugendlichen und Asylbewerbern vor einer Gaststätte in Hohenleipisch (Brandenburg) wurde ein junger Deutscher von einem Ausländer niedergestochen. Wie die Polizei weiter mitteilte, wurden acht Asylbewerber vorläufig festgenommen, um den Täter zu ermitteln. Nach der Auseinandersetzung zogen etwa 30 Jugendliche zu einem Ausländerheim und riefen dort ausländerfeindliche Parolen.

Demo in Berlin

Berlin (taz) – Heftige Auseinandersetzungen bestimmten am Sonnabend eine antirassistische Demonstration in Berlin. Die Veranstalter, das „Kreuzberger Bündnis – Opposition von unten“, hatte mit etwa 15. 0000 Teilnehmern gerechnet, es erschienen aber nur circa 3.000 Personen. 2.000 Polizisten begleiteten den Zug. Während des kilometerlangen Marsches durch Kreuzberg in den Ostberliner Stadtteil Lichtenberg kam es mehrmals zu blutigen Schlägereien zwischen den Demonstrationsteilnehmern. Die den peruanischen Killeranführer Guzmann verehrenden „Revolutionären Kommunisten“ und die türkische maoistische Organisation TKP/ML hielten sich nicht an die Vereinbarung, sich am Schluß des Zuges einzureihen und drängten sich sich immer wieder in die Mitte. Autonome rissen ihnen die Transparente weg und beschimpften sie als „linke Faschisten“. Die als extrem militant gefürchteten Kommunisten schlugen mit Latten und Steinen zurück. Etwa 10 Personen wurden dabei verletzt, mindestens 10 weitere Personen, darunter 2 Pressefotografen, durch die Polizei. Immer wieder schlug sie Breschen in die Reihen und holte sich vermummte und nichtvermummte Demonstranten heraus. Mit Knüppeln schlugen sie am Boden liegende Personen zusammen. 21 Personen wurden festgenommen.