UN-General will Militärintervention

■ UN-Kommandant in Sarajevo erklärt nach serbischen Angriffen UN-Mission für gescheitert

Sarajevo (dpa/AFP/taz) – Nach den schweren Kämpfen der letzten Tage in Sarajevo haben die UNO-Friedenstruppen in der bosnischen Hauptstadt eingeräumt, daß sie gescheitert seien. Ihr Kommandeur, der ägyptische General Hussein Abdul Rasek, sprach sich am Samstag zugleich für die baldige Bereitschaft der Blauhelme „zu einem eventuell gewaltsamen Eingreifen zur Beendigung des Krieges“ in Bosnien aus. Bei der Eroberung des westlichen Vororts Otes von Sarajevo am Samstag durch serbische Truppen sollen mindestens 100 Zivilisten getötet worden sein. Ägypten und die Türkei forderten am Sonntag den UNO-Sicherheitsrat zur Intervention auf.

Nach Angaben des bosnischen Militärs wurde der Stadtteil Otes „dem Erdboden gleichgemacht“. „Serbische Truppen haben wahllos in die Gruppen wehrloser Menschen hineingeschossen.“ Obwohl mehrere tausend Zivilisten nach Angaben des bosnischen Rundfunks noch vor den vordringenden serbischen Einheiten in das Zentrum Sarajevos geflüchtet waren, habe sich ein Teil „nicht mehr retten können“. Zudem sollen nach Schätzungen des Rundfunks „unzählige“ Männer, Frauen und Kinder im Laufe der mehrtägigen Kämpfe um Otes in den Kellern ihrer Häuser verschüttet worden sein.

Ungeachtet ihres offensichtlichen Erfolgs setzten serbische Truppen ihre Angriffe gegen die bosnische Hauptstadt auch am Sonntag mit unverminderter Härte fort. Die andauernden Artillerieangriffe führten zu einem beinahe vollständigen Stromausfall in der Stadt. Auch das Telefonnetz brach zusammen.

Alle Versuche, einen Waffenstillstand für Sarajevo zu erreichen und aufrechtzuerhalten, seien ohne Erfolg geblieben, sagte der Kommandeur der rund 1.400 Blauhelme in Sarajevo, Rasek. Zudem sei auch die humanitäre Mission der UNO in der bosnischen Hauptstadt zum Scheitern verurteilt.

„Wenn der Sicherheitsrat nichts unternimmt, werden wir eine weitere Islamische Konferenz zur Suche nach einer Lösung einberufen“, sagte der türkische Staatspräsident Turgut Özal am Sonntag nach Abschluß seiner Gespräche mit dem ägyptischen Staatspräsidenten Husni Mubarak in Kairo. Die Außenminister der Islamischen Konferenzorganisation (OIC) hatten erst in der vergangenen Woche eine Entscheidung für eine Militärintervention in Bosnien-Herzegowina bis zum 15. Januar und Waffenlieferungen an die moslemischen Kämpfer gefordert.

Der kroatische Kardinal Franjo Kuharic rief „alle Regierungen der Welt“ auf, sie sollten geeignete Mittel für eine Auflösung der Lager in Bosnien-Herzegowina finden, in denen Frauen und Mädchen vergewaltigt würden. Kuharic bezeichnete die Vergewaltigungen nach einem am Samstag erschienenen Bericht der Zeitung Vecernji List als „die schlimmsten Verbrechen dieses Krieges“. In Zagreb hielten sich inzwischen zahlreiche moslemische und kroatische Frauen auf, die nach Vergewaltigungen in Bosnien-Herzegowina schwanger seien. Die katholische Hilfsorganisation Caritas richte zur Zeit in Zagreb ein Haus für diese Frauen ein.

In einem Interview warnte der Berater des Staatspräsidenten Rest-Jugoslawiens Ćosić, Svetozar Stojanović, die serbische Führung davor, die Konsequenzen einer militärischen Intervention zu unterschätzen. Er forderte die Belgrader Führung zu ernsthaften Verhandlungen auf. Unterdessen entschied die serbische Wahlkommission am Sonntag zum zweiten Mal, daß daß der Regierungschef von Rest-Jugoslawien, Milan Panić, bei der serbischen Präsidentschaftswahl am 20. Dezember nicht antreten darf. er