Greenpeace: Atom-Ausstieg bis zum Jahr 2000

■ Umwelt-Organisation fordert: Stade muß 1993 vom Netz / Norwegischer Wasser-Strom für Hamburg ist wenig sinnvoll

/ Norwegischer Wasser-Strom für Hamburg ist wenig sinnvoll

„Der Vorstoß hat ein Tabu gebrochen“, bewertete Greenpeace Akw-Experte Heinz Laing gestern in Hamburg die Erklärung der Energiekonzerne RWE und Veba unter bestimmten Bedingungen aus der Atomkraft auszusteigen. Allerdings solle sich die SPD „nicht vorschnell“ auf die neuen Weichenstellungen der Energiewirtschaft einlassen. Laing: „Die Kernpunkte des von RWE und Veba vorgeschlagenen ‘Energiekonsenses' sind unakzeptabel“.

Die Kritik der Umweltorganisation an dem Vorstoß der beiden, neben den Bayernwerken größten, Energieerzeuger: Durch einen Kuhhandel wolle die Stromwirtschaft ihre Entsorgungsprojekte durchsetzen, dafür mit der langfristigen Abschaltung einiger Schrottreaktoren bezahlen. Greenpeace lehnt vor allem den Versuch der Stromriesen ab, sich die „Kernenergie als eine Option für die langfristige Energiezukunft bei Weiterentwicklung der Kerntechnik“ offenzuhalten.

Dabei schielen die Atom-Manager auf einen neuen Reaktortyp mit verbessertem Sicherheitsstandard, den Siemens zur Zeit zusammen mit dem französischen Konzern „Framatom“ entwickelt. „Die beiden Firmen wollten einen Atommeiler konstruieren, bei dem ein Super-Gau nicht mehr möglich ist. Inzwischen allerdings geht es in dem Forschungsprojekt nur noch darum, im Falle einer Atomkatastrophe die tödliche Strahlung solange in den Mauern des Reaktors zu halten, daß die unmittelbare Umgebung rechtzeitig evakuiert werden kann. Greenpeace-Campaigner Laing: „Ein totgeborenes Kind, das die Gefahren der Atomtechnologie nicht ansatzweise in den Griff bekommt“.

Um den anrollenden Ausstiegs- Zug „auf volle Fahrt zu bringen“ hat Greenpeace jetzt ein eigenes „Energiewende-Konzept“ vorgelegt, das „der Stromwirtschaft ausreichend Zeit läßt, sich umzustellen“. Seine Kernpunkte: Bis zur Jahrhundertwende werden alle Atommeiler stillgelegt, wobei die ältesten Reaktoren wie das AKW Stade bereits im kommenden Jahr in Rente geschickt werden. Die Verträge zur Wiederaufbereitung abgebrannter Brennelemente mit den Anlagen in La Hague und Sellafield werden danach sofort storniert. Die Suche nach einem nationalen Atommüll-Endlager soll verstärkt vorangetrieben werden, wobei der Standort nach Sicherheitsaspekten ausgewählt werden muß und nicht danach, wo sich der geringste Widerstand regt. Unakzeptabel wären die anvisierten Endlager in Gorleben, Morsleben und im „Schacht Konrad“.

Anstelle von Kernspaltung setzt die internationale Umweltorganisation auf konsequentes Energiesparen, Kraft-Wärmekopplung und regenerative Energieträger wie Wind und Wasser, Sonne und Biogas. Den von den Hamburger Elektrizitätswerken geplanten Import von norwegischem Wasserkraftstrom hält Greenpeace-Atomexperte Matthias Stüve allerdings „für wenig sinnvoll“: „Die Energieverluste bei einem Strom-Transport über eine solche Distanz sind enorm.“ Marco Carini