Offener Brief an den Polizeipräsidenten-betr.: "Wie die Polizei gegen Rechts kämpft", Bericht über Bundesgrenzschutzbeamte, die sich weigerten, einer von Rassisten bedrängten Mutter zu helfen, taz vom 2.12.92

betr.: „Wie die Polizei gegen Rechts kämpft“, Bericht über Bundesgrenzschutzbeamte, die sich weigerten, einer von Rassisten bedrängten Mutter zu helfen, taz vom 2.12.92

An den Senator für Inneres, Berlin

An den Präsidenten des Bundesgrenzschutzes Berlin

In der „Tageszeitung“ Berlin wird berichtet, daß im Flughafen Schönefeld zwei junge Frauen mit einem farbigen Baby von einer Gruppe Männer als „Negerhure“ und mit den Worten „unter Hitler hätte man euch vergast“ beschimpft wurden. In Anwesenheit von zu Hilfe gerufenen Bundesgrenzschutzbeamten sei eine der Frauen dann noch mit Joghurt übergossen worden, ohne daß die vier anwesenden Beamten die Personalien der Täter feststellten. Der Vorgesetzte der Beamten, von den Frauen telephonisch angesprochen, habe diese Untätigkeit als angemessenes Verhalten verteidigt, da ein Eingreifen zur Feststellung der Personalien zu einer Schlägerei haben führen können, was unter Umständen die Verhältnismäßigkeit der Mittel gefährdet hätte.

Dazu habe ich folgende Fragen an Sie, gesetzt, die Pressedarstellung entspricht der Wahrheit:

1.Halten auch Sie Beschimpfungen und Beschmutzungen der genannten Art für keinen ausreichenden Grund für polizeiliches Eingreifen?

2.Bis zu welchem Grad müssen Schwarze oder deren Angehörige sich Beleidigungen oder Angriffe am Flughafen in Anwesenheit des BGS gefallen lassen? Sind die Fluggesellschaften informiert?

3.Haben Sie sich über den Sachverhalt informiert, und welche disziplinarischen Maßnahmen werden Sie gegenüber den beteiligten Beamten ergreifen?

Ich lebe mit meiner Lebensgefährtin, einer schwarzen US-Amerikanerin, seit Beginn des Jahres in Berlin, da ich an einem Forschungsprojekt der Deutschen Forschungsgemeinschaft an der Universitätsklinik der FU Berlin teilnehme. Ich mache Sie darauf aufmerksam, daß ich in Abhängigkeit von Ihrer Antwort entscheiden werde, ob ein weiterer Verbleib in Berlin vertretbar ist, und natürlich die DFG und die übrigen Wissenschaftler, die auch international an der Forschung beteiligt sind, über Ihre Antwort in Kenntnis setzen werde. Weiterhin mache ich Sie darauf aufmerksam, daß meine Partnerin bis 1990 als Mitglied der US Army Reserves tätig war und diese, auch ihre Sicherheit betreffenden Antworten, an ihre ehemaligen Vorgesetzten und an die Botschaft der USA weiterleiten wird. Dr.A.Heinz, Berlin