Bewährungsstrafen für Bluttat im Tierpark

■ Vier Jugendliche hatten in Friedrichsfelde Tiere ermordet/ Durch Alkohol enthemmt/ Nicht zum ersten Mal vor Gericht

Moabit. Über die Verrohung von vier Jugendlichen im Alter von 17 bis 19 Jahren verhandelte gestern das Jugendschöffengericht in Moabit: In einem ekstatischen Blutrausch waren sie in der Nacht zum 18. Juli durch den Tierpark Friedrichsfelde gezogen. Sie erstachen und erschlugen vier Schafe, drei Humboldt-Pinguine und neun Gänse, drei Störchen drehten sie kurzerhand den Hals um. Dem 17jährigen René reichte das noch nicht. Um eine Trophäe zu ergattern, hebelte er einem noch lebenden Weißstorch den Schnabel aus dem Kopf. Die Delinquenten, die bereits allesamt mit Jugendbewährungsstrafen ausstaffiert sind, gestanden gestern ihre Taten und bemühten sich vor Gericht, Reue zu zeigen.

Von den Zuschauerbänken blickte man auf die ausrasierten Hinterköpfe der Angeklagten. Der Reihe nach berichteten sie, was in der Nacht passiert war. René, der von den vieren am schlimmsten gewütet hatte, flüsterte fast. Die Freunde hatte er wie üblich in dem von einer Plattensiedlung umgebenen „Tierpark-Club“ getroffen. Demnach hatten sie sich dort hemmungslos betrunken. Die Idee, in den Tierpark zu gehen, geisterte durch ihre Köpfe. Auf dem Weg rauchten sie noch einen Joint.

Als der 18jährige Sven sich äußerte, wurde klar, warum das Verfahren gegen den 17jährigen Robert P. abgetrennt worden war. Er soll es gewesen sein, der aus dem nächtlichen „Spaziergang“ ein Gemetzel machte, das die anderen vier zum Mitmachen verleitete. Als er sich „einen Ringkampf mit den Schafen lieferte“, da habe man noch „rumgelacht“. Robert habe dann von Michael das „Butterfly- Messer“ gefordert. „Ich spiele gern damit, und ich brauche es, wenn ich durch Kreuzberg gehe“, erklärte der 18jährige Michael auf die Frage des Richters. Robert soll schließlich begonnen haben, ein Schaf niederzustechen.

Dann folgte ein blutiges Gemetzel, das nahezu zwei Stunden währte. Alle gaben zu, das Messer in der Hand gehabt zu haben. Sven sprach von „einem komischen Gefühl, auf einen Körper einzustechen“. Er will nur „gestichelt“ haben: „Ich konnte nicht mit ganzer Kraft zustechen.“ Aber so wie die anderen hatte auch er später Pinguine und Gänse zu Tode getreten.

Unklar blieb, was sie „die Jagd“ veranstalten ließ. Sie wollten, nach Aussage von Michael, nicht mit der Absicht zu töten in den Tierpark gegangen sein. Und für Sven gab es während des Tatablaufs keine Gelegenheit, zur Besinnung zu kommen. Der Richter ließ die Chance verstreichen, mehr über die Motive der Jugendlichen zu erfahren. So fiel es ihnen gestern leicht, sich immer wieder auf ihren Rausch von der Alltagsdroge Alkohol und den „zwei Zügen am Joint“ zurückzuziehen.

Einer der Angeklagten stand schon einmal vor Gericht, weil er einen Stein auf ein Ausländerwohnheim geworfen hatte. Gestern distanzierten sie sich von Kontakten zur „rechten Szene“, auch wenn es die einmal gegeben habe. Nur Michael antwortete auf die Frage freiweg, daß er die „Republikaner“ wähle. Unter Einbeziehung ihrer vorangegangenen Strafen verurteilte sie das Gericht erneut zu Bewährungsstrafen, keine liegt unter einem Jahr. Hinzu kamen Geldbußen und Freizeitarbeiten. Vielleicht gelingt ihnen, was zumindest René angeblich will – „ein ganz neuet Leben anfangen“. rak