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: Schwabendialektik-betr.: Tatort "bienzle und der Biedermann"

Tatort „Bienzle und der Biedermann“, So., ARD, 20.15 Uhr

Von den genau 266 Tatorten, die bislang in der ARD liefen, ist „Bienzle und der Biedermann“ bestimmt einer der gewaltlosesten. Und das, obwohl das Blut im wahrsten Sinn des Wortes kübelweise fließt. „Bienzle und der Biedermann“ spielt nämlich in einer (Blut)wurstfabrik.

Wunderschön ist die Szene, in der der biedere schwäbische Wurstkocher Stricker (Rüdiger Vogler) mit dem ganzen Arm in die Bluttunke langt und dabei in breitestem Schwäbisch raunzt: „Zu wenisch Brüh'“. Nicht minder komisch – aber dabei dennoch überzeugend – ist die Szene, in der Stricker sich mit todernster Miene bei einer Domina vor dem ganzen Arsenal von Folterwerkzeugen auskleidet. So etwas bringt nur ein Klasseschauspieler wie Rüdiger Vogler rüber. Er stand übrigens seit Wim Wenders' „Im Lauf der Zeit“ (1975) zum ersten Mal wieder mit Hanns Zischler gemeinsam vor der Kamera.

Ein derartiges schauspielerisches Inventar ist die halbe Miete bei der Einführung einer neuen Kommissar-Figur. Dietz-Werner Steck gibt bei seinem „Tatort“- Debüt einen vielschichtigen Kommissar Bienzle, der mit schwäbischer Beharrlichkeit Hanns Zischler anzischelt. Sicher, manche mögen den Schwaben als solchen nicht mögen. Was man aber mögen kann, ist die Art und Weise, wie ein Schwabe einen Schwaben als solchen darstellt. Eben wie ein schwäbischer Columbo geht dieser Bienzle dem Wurstkocher Stricker auf die Nerven, der nichts anderes will, als in aller Schwabenruhe mit EG-Betrügereien Geld zu scheffeln. Und daß dann der Mord noch ganz zum Schluß und quasi aus dem Affekt heraus geschieht, belegt noch einmal, daß dies ein etwas anderer „Tatort“ ist. Bienzle quatscht eigentlich nur die ganze Zeit mit diesem oder jenem, und dennoch kommt dabei etwas raus.

Reizvoll wäre die Vorstellung, daß dieser Bienzle einmal den Stuttgarter VFB-Trainer Christoph Daum in die Mangel nehmen würde, ob der seinen Spielern tatsächlich das Kälbermastmittel Glenbuterol verabreicht hat. Manfred Riepe