Finanzsenator labt sich am Verpackungsmüll

■ Senat kassiert beim "Grünen Punkt" / Curilla verhindert vorausschauende Müllpolitik / Stadtreinigung vorläufig geleimt

/ Curilla verhindert vorausschauende Müllpolitik / Stadtreinigung vorläufig geleimt

Hamburg wird sich im kommenden Jahr mit einer eigenen Gesellschaft in die Schlacht um die Müllgewinne des Dualen Systems werfen. Gestern beschloß der Senat mit großer Mehrheit, eine Wert GmbH zu gründen. Als Partner des Dualen Systems will die Wert GmbH im kommenden Jahr den Müll einsammeln, den die BürgerInnen mit zwei Pfennig pro Verpackung und grünem Punkt bereits schon einmal bezahlt haben. Der Müll wird dann per getrennter Sammlung abgeholt, die Verpflichtung für den Einzelhandel, Verpackungsmüll zurückzunehmen, entfällt.

Das Geschäft mit den grünen Punkten ist lukrativ, vorausgesetzt, die BürgerInnen machen mit: Das Duale System Deutschland (DSD), die neugegründete Verpackungsmüllfirma der deutschen Industrie und des deutschen Handels, zahlt stolze Preise für den grün gepunkteten Abfall. Das fällt ihr leicht: Die Pfennigbeträge pro Verpackung summieren sich zu Millionen, die nun gezielt für einen Erfolg des Dualen Systems ausgespuckt werden. Klappt es mit der bundesweiten Punktesammelei, hat die Industrie gewonnen. Sie hat mit dem Punktetrick Bundesumweltminister Töpfer daran gehindert, Konsum- und Verpackungsindustrie zur Müllvermeidung zu zwingen.

Neben den Verbrauchern, die für die Punkte blechen, und der Umwelt, die vergeblich auf eine Verringerung der Müllberge wartet, sind auch die städtischen Müllbetriebe geleimt: Sie verlieren Müll und Einnahmen. In fast allen deutschen Städten haben die Stadtreinigungen deshalb Tochtergesellschaften für eine Beteiligung am Dualen System gegründet, um durch Gewinne beim Grünen Punkt die Verluste im althergebrachten Geschäft zu verringern.

Das wollte auch Umweltsenator Fritz Vahrenholt, zuständig für den Landesbetrieb Stadtreinigung. Das Senatorentrio Henning Voscherau (Stadtchef), Peter Zumkley (öffentlicher Dienst) und Wolfgang Curilla (Finanzen) wollten das nicht. Curilla wollte die gepunkteten Millionen (man rechnet mit sieben Millionen pro Jahr) für den Hamburger Haushalt. Vahrenholts Pläne, die Wert GmbH als Tochter der Stadtreinigung und als strategische Option für künftige Betätigungen im Müllmarkt zu gründen, stießen auf wenig Gegenliebe. Die Lösung des Streits war gestern ein typischer Hamburger Senatskompromiß. Curilla setzte sich durch. Die Wert GmbH wird Tochter der Hamburger Gesellschaft für Beteiligungsverwaltung, die ihre Gewinne direkt in Curillas Stadtkasse abführt. Doch auch Fritz Vahrenholt frohlockte: Die Wert GmbH schließt einen „Geschäftsbesorgungsvertrag“ mit der Stadtreinigung. Hier eröffnet sich die Hintertür, per überhöhter Rechnung doch einen Teil der Müllgewinne abzuzocken. „Der Konflikt in der Sache“, so ein Insider, „wurde mal wieder vertagt.“ Er wird bei den Verhandlungen um den „Geschäftsbesorgungsvertrag“ hochkochen. Und: „Statt einer sinnvollen und klaren Regelung hat der Senat mal wieder den Weg des Chaos gewählt.“ Florian Marten