■ Hindelanger Oberjoch-Bergrennen soll wieder stattfinden
: Öko-Tourismus rechnet sich nicht

München (taz) – Unlängst erst war dem Oberallgäuer Kurort Hindelang vom Bund Naturschutz die Auszeichnung „Öko-Gemeinde“ verliehen worden. Mit enormem Aufwand – Hindelang lebt vornehmlich vom Fremdenverkehr – hatte man ein vorbildliches Modell für „sanften Tourismus“ entwickelt. Weitestgehende Ausgrenzung von Individualverkehr aus dem gesamten Gemeindegebiet war wesentlicher Bestandteil des Konzeptes. Selbstredend wurde das traditionelle „Oberjoch-Bergrennen“, bei dem alljährlich rund 400 PS-starke Touren- und Formel-3-Wagen die Gegend verpestet hatten, gestrichen. Völlig überraschend fand nun ein Antrag der „Allgäuer Sportgemeinschaft Hindelang-Oberjoch“ auf Wiedereinführung des Massenspektakels im Gemeinderat eine Mehrheit, wenn auch nur mit einer Stimme. Man beugte sich dem Argument, die Gastronomie und „letztlich alle Hindelanger“ hätten am Oberjoch-Rennen weit besser verdient als am Öko-Modell. Über 10.000 automobilbegeisterte Zuschauer wären jedes Jahr ans Oberjoch gekommen. Zudem bedeute das Rennen europaweite kostenlose Werbung. Gemeinderat Hubert Anwander: „Es ist nicht so wichtig, was über Hindelang gesprochen wird, Hauptsache, der Markt bleibt im Gespräch.“ Die dritte Bürgermeisterin Christl Brutscher: „Wenn Hindelang das ganze Jahr auf ,sanften Tourismus‘ macht, können wir ruhig ab und zu die Landschaft ein wenig aufwecken.“ Überdies, wie Gemeinderat Anwander befindet, „ziehen Autorennen und Öko-Modell sich als Gegensätze an“.

„Auf diesen dialektischen Pfaden“, so Bürgermeister Roman Haug, „folgt uns in der öffentlichen Meinung niemand. Wir kriegen Ohrfeigen, daß es nur so schnackelt.“ Haug suchte vergebens, sich dem Rückschritt seiner Gemeinde zum Fetisch Auto entgegenzustemmen. Die Argumente der „Sportgemeinschaft“, das Rennen füge der Natur „keine nennenswerten Schäden“ zu und verfüge außerdem über eine beträchtliche „fremdenverkehrseffiziente Langzeitwirkung“, wogen schwerer: Der ADAC-gesponserte Wahnsinn findet ab 93 wieder statt.

Die erste Ohrfeige bekam Hindelang bereits zu spüren: Der Vorsitzende des Bundes Naturschutz, Hubert Weinzierl, bezeichnete das Autorennen als „perverses und anachronistisches Unterfangen“. Es sei beabsichtigt, dem Ort die begehrte Auszeichnung „Öko-Gemeinde“ wieder abzuerkennen. Colin Goldner