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First Daughter of the United States of America Von Andrea Böhm

Man kann sich seine Eltern nicht aussuchen. Das gilt auch für Chelsea Clinton. Die wäre vielleicht gerne unbemerkt von Amerikas Paparazzis und der CNN-Meute mit einem stinknormalen Dad, der brav als Gouverneur von Arkansas sein Geld nach Hause bringt, einer stinknormalen Mom und ihrer Katze „Socks“ in Little Rock, Arkansas, aufgewachsen – mit all den Bürden, die der amerikanische Way of Life einem 12jährigen Mädchen der gehobenen, weißen Mittelklasse auferlegt: Zahnspangen, Tom Cruise und der Generationenstreit darüber, wer den Rasen mäht. Nun hat ihr Vater seinen uralten Vorsatz wahrgemacht, sich im Weißen Haus niederzulassen. Jetzt ist es mit dem vergleichsweise ruhigen Leben einer Gouverneurstochter (und einer Gouverneurskatze) vorbei. „Socks“ wurde bereits von Fotoreportern mit Spezialfutter aus dem Sichtfeld der Security-Kater gelockt und dann rücksichtslos von hinten, vorne oben und unten abgelichtet: Ladies und Gentlemen, so frißt die First Cat of the United States of America. Nun kriegt man Chelsea nicht einfach vor die Kamera, indem man ihr ein paar Smarties vor die Nase hält. Aber die Tatsache, daß „Socks“ so leicht zu korrumpieren ist, soll sie ziemlich erschüttert haben. Das Mädchen hat für das Dasein als First Daughter of the United States eben das falsche Haustier gewählt. Tad Lincoln, der zarte 7 Jahre alt war, als sein Vater 1861 Präsident wurde, pflegte seine Schmuseziege auf Besucher loszulassen, die ihm nicht paßten. Der Kleine hatte überhaupt das Potential, um zum Idol einer Protestgeneration zu werden. Als der Vater inmitten des Bürgerkriegs seine Generäle zur Beratung empfing, stand Sohnemann am Fenster und schwenkte weithin sichtbar die Fahne der abtrünnigen Südstaaten. Auf heutige Verhältnisse übertragen, würde das etwa bedeuten: Chelsea singt bei Papas Vereidigung den „Copkiller“ von Rap-Star „Ice-T“ – oder die irakische Nationalhymne.

Chelsea wird es noch einmal verfluchen, daß in den USA weit und breit keine königliche Familie in Sicht ist, die wie in Großbritannien das Klatsch- und Seufzbedürfnis der Bürger sowie die Profitinteressen der Boulevardblätter bedient. Tja, hätten sie anno 1773 in Boston den Tee nicht ins Wasser geschmissen und wären statt dessen brav unter dem Mantel der englischen Krone geblieben, sähe Chelsea vielleicht ruhigeren Zeiten entgegen. Doch von jetzt an wird sie keinen Schritt mehr ohne einen Schwarm von Pressefotografen und Bodyguards tun, deren Mimik durch den berühmten Knopf im Ohr offenbar zum Stillstand gekommen ist. Wobei sie immerhin noch Glück hat, nicht als Tochter Nixons oder Reagans zur Welt gekommen zu sein. Erstere mußte sich vor der Presse schützend vor ihren Vater werfen, nachdem dieser mit der Watergate-Affäre den vorläufigen moralischen Tiefpunkt in der Galerie der Präsidenten markiert hatte. Letztere hat von ihren Eltern so wenig über die Gefahr von Haushaltsdefiziten gelernt, daß sie jetzt den kompletten Briefwechsel mit ihrem Vater verscherbeln mußte. All das wird im Hause Clinton nicht passieren: Papa Bill kann noch nicht mal überzeugend lügen, wenn er nach seinem Haschkonsum in jungen Jahren gefragt wird. Und Chelsea bekommt nach zuverlässigen Informationen genug Taschengeld.

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