Boris Becker wird Autohändler

■ Der Tennisweltmeister übernimmt eine Mercedes-Benz-Niederlassung

Berlin (dpa/taz) – Boris Becker scheint mit seiner Jugend auch seine moralischen Ansichten abzustreifen. Jahrelang hat er – zum Leidwesen seines geschäftstüchtigen Promoters Ion Tiriac – entschlossen gegen die Vermarktung seiner Person angewettert und der Werbung völlig entsagt.

Anzeichen für eine Meinungsänderung waren erstmals im November beim ATP-Turnier in Frankfurt zu erkennen: Becker schloß einen hochdotierten Werbevertrag mit einem Lotto-Unternehmen ab. Eine Kleinigkeit allerdings gegen den Coup, den Tiriac nun eingefädelt hat. Dollar-Millionär Becker wird Jung-Unternehmer – ausgerechnet im Zeichen der Automarke Mercedes. Er übernimmt die freie Vertretung für das Stuttgarter Unternehmen in Stralsund (Mecklenburg-Vorpommern). Will heißen, er gibt zumindest seinen Namen dafür her. Und 20 Millionen Mark Investitionen, wie Mercedes-Sprecher Uwe Brodbeck am Dienstag bestätigte. Beckers Mercedes-Niederlassung soll aus einer Verkaufs- und Vertriebsabteilung sowie einer Werkstatt für Personen- und Nutzfahrzeuge bestehen. Am Freitag wird der 25jährige zur Vertragsunterzeichnung in die Zentrale des in der Rüstung aktiven Weltkonzerns Daimler-Benz nach Stuttgart kommen.

Wer sich diesen Anlagedeal ausgedacht hat, ist nicht schwer zu erraten: Rein zufällig ist Ion Tiriac Mercedes-Generalimporteur für Rumänien und ein guter Bekannter von Niefer. Der Image-Gewinn für den in der Öffentlichkeit schon öfters als „Steuerflüchtling“ gescholtenen Becker dürfte dabei ein durchaus willkommener Nebeneffekt sein, mit dem Tiriac überzeugen konnte.

Auch der Autokonzern verspricht sich von der Becker-Connection einen Imageschub. Die Mercedes-Benz AG, nach wie vor das Flagschiff von Daimler-Benz, kann nach vielen negativen Schlagzeilen in den vergangenen Wochen besonders dringend den Werbe- und Sympathie-Effekt brauchen, den der neue Tennis-Weltmeister verspricht.

Stralsund hat in der Kommerz- Komödie die Rolle des Dankbaren übernommen. Rolf-Peter Zimmer, der Senator für Wirtschaft und Gewerbeförderung in Stralsund, sagte gegenüber der Deutschen Presse- Agentur: „Das ist eine Riesensache für die Region, auch wenn ich noch nicht sagen kann, wieviele Arbeitsplätze dabei entstehen. Hauptsache es geschieht etwas angesichts der Arbeitslosenquote von 16 Prozent in Stralsund.“

Ob sich Becker regelmäßig persönlich in Stralsund blicken lassen wird, ist eher unwahrscheinlich. Angesichts der Fachkenntnisse, die man zum Betreiben einer Niederlassung braucht, kommt eine konkrete Mitarbeit ohnehin kaum in Frage. Wahrscheinlich wird sich sein Engagement darauf beschränken, ein paar Mal seinen roten Kopf in die Verkaufshalle zu halten, den Tennisarm aus einer Luxuslimousine zu recken und dann wieder abzuschieben nach Monaco. miß