■ Schulbusfahrer volltrunken aus dem Verkehr gezogen: Im Schulbus ist die Hölle los
Memmingen (taz) – „Das hat uns gerade noch gefehlt“, kommentiert der Chef eines großen Busunternehmens in Memmingen die Vorgänge um eine Alkoholfahrt, die vor wenigen Tagen örtliche Schlagzeilen machte. Ein 47jähriger Aushilfsfahrer, von Beruf Justizbeamter, war nach der Anzeige einer besorgten Mutter von der Polizei aus dem Verkehr gezogen worden. Der Bluttest ergab 1,88 Promille. Dem Betrunkenen wurde der Führerschein entzogen. Eine elfjährige Schülerin erinnert sich: „Der hat nach Bier gestunken wie noch mal was. Und gefahren ist er wie ein Blöder.“ Das war allerdings nicht an dem Tag, an dem die Polizei der Sache einen Riegel vorschob, sondern einige Tage vorher, erinnert sich die Mutter des Mädchens. Auch der Sohn der Nachbarin hatte von der „starken Alkoholfahne des Fahrers“ berichtet. Bevor die Frau Anzeige erstattete, schickte sie zur Kontrolle noch ihre 16jährige Tochter im Schulbus mit, und die kam betroffen nach Hause. „Also, ich bin eingestiegen in den Bus, und da kam mir eine Alkoholfahne entgegen. Dann ist der wie ein Verrückter losgefahren, hat zwei PKWs geschnitten und ist bei zwei Ampeln bei Rot drübergefahren.“
Dem Inhaber des Busunternehmens war angeblich von alledem nichts bekannt. Er habe dem Aushilfsfahrer abends immer den Bus mitgegeben, und der sei dann von Ottobeuren nach Memmingen gefahren. Man habe kaum Kontakt zueinander gehabt. Dem Busunternehmer, den die Schülerinnen und Schüler als Fahrer gerne haben, ist auch nichts von anderen Zwischenfällen bekannt; zum Bespiel solchen, die seine Frau betreffen sollen. Sie habe Kinder an den Haaren und Ohren gezogen und übel beschimpft, berichten mehrere Mitschüler. „Alles bewußte Verdrehungen von aufgehetzten Kindern“, heißt es bei der betroffenen Firma. Und im Landratsamt Unterallgäu will man ebenfalls von nichts gewußt haben. Die Sache werde geprüft, die Firma angehört. Verärgert über die Vorfälle zeigen sich andere Busunternehmen. Sie fürchten, nach all den Unfällen der jüngsten Zeit, in einen regelrechten Strudel von Negativschlagzeilen zu geraten. Freilich, die Schülerbeförderung sei ein Kapitel für sich. „Manchmal führen die sich auf, daß einem schon der Kragen platzen könnte, da ist im Bus die Hölle los“, sagt ein Busfahrer, der seit über zwanzig Jahren Schüler fährt. Auch Anton Huber, Lehrer an der Lernbehindertenschule, zeigt für die Busfahrer Verständnis. Nach sechs Stunden Unterricht seien die Schüler oft so aufgedreht, daß der Umgang mit ihnen gewiß nicht leicht sei. Streitereien schlichten und gleichzeitig auf den Verkehr achten, das überfordere einfach manche Busfahrer. Die Elternbeiratsvorsitzende gibt ihm recht. Auch sie findet, daß das Problem nur gelöst werden könne, wenn eine Aufsichtsperson im Bus mitfährt. Die konkreten Vorwürfe, von denen bei weitem nicht alle Schüler daheim etwas erzählt haben, müßten unbedingt lückenlos aufgeklärt werden. Klaus Wittmann
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