Babelsbergpredigt

Muß Volker Schlöndorff zur Deutschen Bank? Eine Bilanz der ersten hundert Tage  ■ Von Yvonne Rehhahn

Volker Schlöndorff ist seit Ende August mit dem Franzosen Pierre Couveinhes Geschäftsführer der Studio Babelsberg GmbH. So gab es am Montag für den Filmstätten- Reanimateur Anlaß, über den Stand der Dinge zu berichten, respektive, daß die Dinge in Bewegung sind, auch wenn sie teils im verborgenen sich regen: Schlöndorffs angekündigte Bilanz der „ersten hundert Tage“ kam denn auch mehr vorsichtig optimistisch als enthusiastisch nieder in der Babelsberger Nordhalle: Der Traum vom Film-Mekka stößt an die Grenzen des finanziell Machbaren.

Dafür gibt es mancherlei Gründe: Die Studios und ihr Inventar sind mehr als renovierungsbedürftig, das kostet etwas und zieht sich hin. Potentielle Kunden, sprich westdeutsche Produzenten wie etwa die Bavaria, geben vom Serienkuchen-Geschäft („Derrick“) nichts ab. Sie mögen nicht wollen. Die Öffentlich-Rechtlichen aus der ersten Reihe haben bisher „keine müde Mark“ nach Brandenburg transferiert. Und der französische Stahlsanierer, die Companie General des Eaux (CGE), ist in arger finanzieller Bredouille. Davon ist auch die Tochtergesellschaft, die Companie Immobilaire Phenix (CIP), betroffen, die de facto Treuhand-Vertragspartner ist.

130 Millionen Mark legte CIP für die 46 Hektar große Immobilie auf den Tisch. Dazu addieren sich Verpflichtungen für weitere 150 Millionen Mark Investitionen, um aus Babelsberg einen europäischen Medien- und Dienstleistungsstandort zu machen. Mittlerweile mußte das Unternehmen eine Bürgschaft von rund 75 Millionen Mark aufnehmen. Wenn der „ganze Immobilien-Deal hops geht, gehören Gelände und Studios der Bank. Dann arbeite ich halt für die Deutsche Bank.“ Schlöndorff sieht's gelassen.

Vorläufig und wohl auch sonst sind die Babelsberg-Studios auf internationales Kapital angewiesen. Eine Werbekampagne im amerikanischen Fachblatt Variety soll finanzkräftige Klientel interessieren. Europäisch setzt Schlöndorff auf Kooperationen, das Synonym für Film-Zukunft. Fast abgedreht ist dieser Tage Bernhard Sinkels Koproduktion „Der Kinoerzähler“ mit Armin Mueller-Stahl in der Hauptrolle, weitere Koproduktionen laufen.

Acht Millionen Mark wurden bisher ausgegeben, um die alten Ateliers wettbewerbsfähig zu machen: neue Schneidetische, Garderoben, ein Synchronatelier und eines der modernsten digitalen Tonmischstudios werden installiert. Sechzig Millionen Mark stehen für Produktionen, made in Babelsberg, zur Verfügung. Bis Ende des Jahres sind zehn Filmhallen mit anderen Koproduktionen belegt. Für 1993 gibt es noch keine konkreten Verträge. Es wird verhandelt, versichert Presseprecher Harald Melzer.

Im kommenden Jahr gibt es einen Architektenwettbewerb für das Gesamtgelände. Die Hochschule für Film und Fernsehen „Konrad Wolf“ kommt mit einem Neubau im Nord-Ost-Eckchen unter. Der ORB hat inzwischen sein Fernsehstudio übernommen. Schnell entstehen sollen vier hypermoderne „Studiomodule“ mit Garderoben, Büros und Bistros. Gleichzeitig will Schlöndorff die Filmproduktion ankurbeln. Die Studios müssen bis Ende nächsten Jahres ausgelastet sein, ist seine Marge, sonst fällt die letzte Klappe. Aber: Film ist ein spekulatives Geschäft, und Schlöndorff trommelt unverdrossen für die „Wiedergeburt des europäischen Films“.