Heftige Kämpfe in Kabul

■ Putschgerüchte in Afghanistan/ Verteidigungsminister angeblich festgenommen

Islamabad/Berlin (dpa/taz) – Wenige Tage vor einer geplanten Sitzung des afghanischen Nationalrates, bei der über die Nachfolge des Interimspräsidenten Burhanuddin Rabbani entschieden werden sollte, treffen widersprüchliche Informationen aus Kabul ein. Unbestätigten Meldungen zufolge soll es zu einem Putsch gekommen sein, bei dem Verteidigungsminister Ahmed Schah Masud gefangengenommen wurde.

Nach Berichten diplomatischer Kreise in Islamabad und afghanischer Mudschaheddin sollen Kräfte der vom Iran unterstützten Hisbe-Wahdat-Gruppe, der Miliz des Usbekengenerals Raschid Dostam sowie Anhänger der Schiitengeneräle Dschafar Naderi und Said Kayhan in den vergangenen vierundzwanzig Stunden alle strategischen Stellungen in der afghanischen Hauptstadt besetzt haben.

Die Schura-Nasar-Miliz von Ahmed Schah Masud habe keinen Widerstand geleistet. Masud selbst soll in die Hände der siegreichen Hisbe Wahdat gefallen sein, behauptet diese. Über das Schicksal des Interimspräsidenten Burhanuddin Rabbani war zunächst nichts bekannt.

Die in der pakistanischen Grenzstadt Peschawar ansässige Nachrichtenagentur AIP der afghanischen Mudschaheddin dementierte Berichte, daß der Präsidentenpalast und andere Regierungsgebäude bombardiert worden seien. Die Lage sei „sehr schlecht und unübersichtlich“, räumte AIP ein. Dostams Usbekenmiliz habe alle Sicherheitsposten der Regierung zwischen dem Stadtteil Siasang und dem Flughafen besetzt und kontrolliere auch das Wohnvierel Mikrorayon. Transport- und Kampfflugzeuge unbekannter Herkunft, die vermutlich Dostam unterstünden, seien seit Dienstag abend in der afghanischen Hauptstadt gelandet.

General Dostam, der in der Vergangenheit schon mehrfach die Fronten gewechselt hat, und seine Miliz hatten sich den Berichten zufolge Dienstag abend auf die Seite der schiitischen Fundamentalisten der Hisbe-Wahdat-Gruppe geschlagen. Die Hisbe Wahdat kämpft seit fünf Tagen gegen die Kräfte von Verteidigungsminister Masud.

Bei diesen Kämpfen in Kabul sind bislang Dutzende von Menschen ums Leben gekommen, Hunderte wurden verletzt, so die Schätzungen örtlicher Krankenhäuser. Am Sonntag war es zu Verhandlungen zwischen den zerstrittenen Parteien gekommen. Ein Waffenstillstand wurde vereinbart, jedoch nicht eingehalten. Diese Auseinandersetzungen waren die brutalsten seit der Offensive des Mudschaheddin-Führers Hekmatyar im August dieses Jahres gegen Kabul, bei der 2.500 Menschen starben und Tausende verletzt wurden. li