Rücksichtslose Entfaltung-betr.: "Den Autowahn begrifen lernen" von Dirk Wildt, taz vom 19.11.92

betr.: „Den Autowahn begreifen lernen“ von Dirk Wildt, taz vom 19.11. 92

[...] Wenn ich Deinen Artikel richtig verstehe, geht Deine Kritik dahin, daß die Ausstellung „den von der Autogesellschaft produzierten Widerspruch nicht thematisiert, daß die ,Schöne Autowelt‘ aus einem Menschen Täter und Opfer zugleich macht“. Du magst diesen Aspekt vermissen, nur was ich bei Deiner Darstellung vermisse, ist, daß nur zirka 40 Prozent der Menschen (überwiegend Männer) über ein Auto verfügen und die übrigen 60 Prozent zu puren Opfern machen. Denke nur an die Kinder, die nicht zugleich Täter und Opfer sind und die vielleicht deshalb unbedingt den Führerschein machen, um auch einmal in die Rolle des vielgefürchteten Täters zu schlüpfen. Denke an alte und behinderte Menschen, den überwiegenden Teil der Radfahrer – sie alle sind eben nicht Täter und Opfer zugleich.

Und die Ausstellung ist einmal ein Versuch, die Probleme aus ihrer Warte darzustellen, was ein überfälliges Anliegen der Opfer ist. Daß es am Auto „etwas Gutes geben muß“, ist sehr bekannt, aber immer nur aus der Sicht des Autofahrers. Für alle Menschen außerhalb ist es eine Lebensgefahr sowohl von der Gefährdung beim Überqueren oder Benutzen der Straße als auch durch die Vergiftung durch Abgase und Zerstörung der Biosphäre. [...] Du mußt auch bedenken, daß es noch weit mehr Opfer gäbe, wenn diese nicht aufgrund ihrer Angst ständig auf ihre Rechte verzichten würden und damit dem Täter erst seine rücksichtslose Entfaltung ermöglichen. Uta Wobert, ADFC, Berlin