■ Das Portrait: Lloyd Bentsen
Foto Nr. 29
Foto: ap
Lloyd Bentsen kann von sich immerhin behaupten, George Bush schon vor 22 Jahren geschlagen zu haben – im Rennen um einen der beiden texanischen Sitze im Senat. Jetzt profitiert der ehemalige Geschäftsmann und Jurist vom Wahlsieg Bill Clintons. Bentsen wird Finanzminister im neuen Kabinett. Mit Clintons Credo des „Umschwungs“ und „Wandels“ hat der Texaner jedoch so viel gemeinsam wie mit der Generation der Baby-Boomer. Der 71jährige ist seit über 20 Jahren Mitglied des Senats und kennt im Kongreß alle Tricks und Winkelzüge. Genau das macht ihn für Clinton zu einem wertvollen Vermittler, wenn es darum geht, im Parlament das Haushaltsbudget, vor allem aber die Größe seiner Löcher, zu verhandeln. Schlank und weißhaarig, sieht er nach Auffassung mancher Kollegen aus dem Senat seriös genug aus, um die vorhersehbar schlechten Nachrichten aus seinem Hause staatsmännisch zu verkaufen.
Auf einen Platz in der Exekutive mußte der gelernte Jurist lange warten. 1976 bewarb er sich vergebens um die Nominierung seiner Partei zum Präsidentschaftskandidaten. 1988 verlor er an der Seite von Michael Dukakis die Wahlen gegen George Bush und Dan Quayle. Der Texaner amtiert zur Zeit noch als Vorsitzender des Finanzausschusses im Senat. Erfahrung mit internationaler Finanzpolitik hat er wenig, doch seine Kompetenz in Fragen der Finanzierung der Sozialversicherung, des Gesundheitssystems und beim Thema Handelspolitik gilt als unbestritten – ebenso seine Affinität für Lobbyisten privatwirtschaftlicher Interessengruppen in Washington. Bentsen hat sich mehrfach für Steuererleichterungen für Unternehmen profiliert – vor allem für solche Wirtschaftszweige, die ihm in Texas immer wieder zur Wiederwahl verhalfen: die Öl- und Gasindustrie, die Grundstücksmakler. Ob er den neuen, strikteren Ethik-Richtlinien gerecht wird, die Clinton für die Mitglieder seiner Administration aufgestellt hat, sei dahingestellt. Im Rennen um den Posten des Finanzministers hat der Texaner prominente Konkurrenten wie den New Yorker Banker Felix Rohatyn und den Ex-Chef des Federal Reserve Board, Paul Vocker, aus dem Feld geschlagen. In Little Rock befürchtete man, daß sie im Fall eines Konflikts mit dem zukünftigen Präsidenten zu eigensinnig sein könnten. In Bentsen weiß Clinton einen loyalen Demokraten im Finanzministerium. Der macht auch das, wovon er nicht überzeugt ist. Andrea Böhm
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