Gallon Drunk

■ Australischer Rock in Hastedt: eine völlig durchgeknallte Kombo

Das war ein schöner Abend im Hastedter Wehrschloß. Self Pity Jesus aus Großenkneten in der Nähe von Bremen begann. Fünf Menschen (git, git, b, dr, voc) und ein Konzept: Druckvoller, von den Gitarren dominierter Rock'n'Roll.

Die junge Dame am Mikrophon vermochte mit kraftvoller Stimme den elektronischen Instrumenten Eigenständiges entgegenzusetzen. Ein kompakter Set einer hoffnungsvollen Band. Kein überflüssiges Gebolze, sondern grundsolides und abwechslungsreiches Songmaterial.

Bei den Headlinern Gallon Drunk gab es danach eine Menge zu hören und zu sehen. Für Insider schien es klar zu sein: Die Jungs müssen aus Australien kommen. Der langgezogene Gesang von Frontmann James Johnston wies darauf hin, das Stand-Drum, der blecherne Echo-Sound der Gitarre und dazu die hellen Hammond-Orgel-Töne. Aber weit gefehlt. Die Band wohnt in Camden Town in London.

Egal. Was da auf der manchmal viel zu kleinen Bühne abging, war Unterhaltung der Extra-Klasse. Mal spielten sie als Trio (voc, b — dreisaitig!, dr), dann, urplötzlich, stand da auch ein Mann mit einem Baßsaxophon. Von einem Moment auf den anderen wogten Big- Band-Schübe ins Publikum. Minuten später waren sie wieder ein Quartett und Sänger Johnston nölte, quäkte und schrie das Mikrophon an, spielte mit nur einer Hand die Gitarre und fiel oft hin.

Alles kein Problem für das englische Trio-Quart-Quintett. Verhallte Gitarren-Klänge mit metallischem Timbre erfüllten den Raum, dann polterte ein wummernder Reggae-Rhythmus und schon übernahm Derwisch Johnston mit schleppender Stimme und hackbrettartigem Saitenspiel das Kommando. Eine völlig durchgeknallte Kombo, diese Gallon Drunk. Das war ein mitreißendes, vielschichtiges und kunstvolles Konzert. Trotz Gallonen Alkohols in den Köpfen der Musiker.

Cool J.F.