"Die FDP kann zufrieden sein"

■ FDP.Fraktionsvorsitzender Heinrich Welke über ein Jahr Ampel-Bilanz

„Die FDP kann zufrieden sein“

FDP-Fraktionsvorsitzender Heinrich Welke über ein Jahr Ampel-Bilanz

taz: Ein Jahr Ampel. Hat die FDP eine gute Figur gemacht?

Heinrich Welke: Sie kann zufrieden sein. Wir haben zwei Senatoren, die ihre Arbeit kompetent erledigen, und die Fraktion hat die wesentlichen Entscheidungen richtig beeinflußt.

Sehen Sie gut aus in der öffentlichen Wahrnehmung?

Ich glaube, es wird auch von unseren Wählern zunehmend akzeptiert, daß wir in diese Koalition gegangen sind. Gerade FDP-Wähler waren da ja sehr skeptisch.

Bei den Umfragen hat die FDP aber nicht nennenswert zugelegt, das war eine Überraschung für manche, die gedacht hatten, daß besonders die FDP-Senatoren gut ankamen.

Unsere Wähler haben sich mit der Ampel besonders schwer getan. Daß wir nicht verloren haben, war schon erfreulich, darauf können wir aufbauen.

Mann mit

Halbglatze

Hände gefaltet

Koalitions-BeobachterInnen sagen: Die FDP hat kein Gesamtkonzept, sondern sie ist schlicht auf Beute aus — was haben Sie denn alles kassiert?

Das halte ich für falsch. Die zentrale Frage ist: Wird das Land finanz- und wirtschaftspolitisch gesunden können? Da waren wir erfolgreich: Wir haben zwei Haushalte hingekriegt, die deutlich unter den Zuwachsraten der andern Länder liegen. Ebenso ist das Sanierungsprogramm ein Erfolg dieser Koalition. Sogar die CDU hat sich diesem Konzept angeschlossen. Auch die Handelskammer trägt das mit. Also akzeptieren auch skeptishe Kräfte, daß die Ampel gute Arbeit macht.

Sie haben bei der Hemelinger Marsch, beim Flughafen, beim Europahafen gegen die Grünen gestritten. Kommt die SPD überhaupt noch vor?

Wir bemühen uns um klare For

mulierungen von FDP-Positionen. Es freut mich, wenn das gut 'rüberkommt'.

Hat die FDP jemals wie die Grünen die Koalitions-Kündigung angedroht?

Die Haushaltsfrage war für uns von hohem Stellenwert. Wenn das gescheitert wäre, wären wir im Sommer ausgestiegen.

Woran konnten BürgerInnen merken, daß die FDP mitregiert?

In der Finanz- und Wirtschaftspolitik hat es eine Wende gegeben. In der Innenpolitik sind wir wieder Handlungsfähig.

Sie sprechen nicht von Straßenbau, von der Drogenpolitik, vielleicht auch vom Kultursponsering...

Für mich sind das nicht die zentralen politischen Fragen, auch die Verkehrsfragen nicht, da haben wir mit den Grünen mehr Gemeinsamkeiten, als das öffentlich erscheint.

Drohen Sie mit Ampelaustritt in der Schulfrage?

Ja. Es gibt inzwischen drei Kreisverbände, die, wenn's schiefgeht, auf einem Sonderparteitag über den Ampel-Ausstieg reden wollen.

Sie persönlich waren ja nicht gerade wild auf die Ampel. Finden Sie eigentlich, daß die Interessen der Wirtschaft besser in einer großen Koalition aufgehoben wären?

Die Ampel-Begeisterung hielt sich in Grenzen bei uns und bei den Grünen, auch bei Teilen der SPD, da gilt das bis heute. Es war ein

HIER KARIKATUR

Ampel

Zweckbündnis, keine Liebesheirat! Ob eine große Koalition eines bessere Politik darstellen könnte, da bin ich sehr skeptisch. In Haushaltsfragen würde ich das sogar verneinen. Beide großen Volksparteien neigen sehr dazu, allen Wünschen nach Ausgaben sehr entgegenzukommen.

Sind Sie der SPD und den Grünen näher gerückt als Partnerinnen?

Wir haben inzwischen insgesamt ein vernünftiges Arbeitsklima, am Anfang war viel Mißtrauen. In manchen Deputationsbereichen,

zum Beispiel Bildung, ist das Klima noch verbesserungsfähig.

Manchmal liegt der Graben auch innerhalb der FDP: van Nispen wollte den Drogenstrich nicht zerschlagen...

Ja, auch in der Fraktion gab es dazu unterschiedliche Auffassungen.

Würden Sie in Bonn die Ampel empfehlen?

(lacht) Es liegt an uns, wie überzeugend wir dieses Modell durchspielen. Wenn in Bonn nur noch die Alternative ist: große Koalition oder Ampel.... Fragen: Susanne Paas