Sanierungsprogramm härter durchsetzen

■ Handelskammerpräsident zur Standortpolitik

Sanierungsprogramm härter durchsetzen

Handelskammerpräses zur Standortpolitik

„Härte und Entschlossenheit“, das ist es, was die Wirtschaft in einer Phase gesamtwirtschaftlich rückläufiger Entwicklung vom Senat erwartet. Denn zur Sicherung der Selbständigkeit Bremens ist ein „überdurchschnittliches Wirtschaftswachstum“ notwendig. Dies sagte Josef Hattig, Präses der Handelskammer, zum Jahresabschluß vor der Landespressekonferenz gestern mit aller Deutlichkeit. „Das Sanierungsprogramm ist deshalb noch härter durchzusetzen als beabsichtigt“, forderte Hattig. Nicht umsonst habe die Kammer die „Bremer Erklärung“ mit unterzeichnet. Sie mache den „gemeinsamen Willen nach innen und außen“ deutlich, Bremens Selbständigkeit zu erhalten: „Die Erklärung ist aber kein Ersatz für jetzt notwendiges Handeln“, so der Handelskammerpräses, und weiter: „Handeln ist Führungsaufgabe, führen muß der Senat.“

Auf die Frage, ob bei diesem zu dritt geführten Ampelsenat „Führen“ nicht möglich sei, wich der Beck's-Manager aus: „Das müssen die Betroffenen entscheiden.“ Die Kammer habe wiederholt betont, daß ihr „konsistente Mehrheiten“ wichtiger seien als quantitative, „auf Beifall-Klatschen kommt es in Bremen nicht mehr an.“

Kein „Dauerfall der Alimentation“ werden und nicht jeden Handlungsschritt „von der Willensbildung gesellschaftlich-relevanter Gruppen“ begleiten lassen — Hattig weiß, worauf es dem Senat jetzt ankommen müßte. Gleichzeitig nannte er Beispiele bremischer Politik, die aus Sicht der Handelskammer kontraproduktiv zur nötigen Strukturverbesserung sind:

-Die innerstädtische Verkehrssituation sei noch nie so chaotisch wie in diesem Jahr gewesen, Hauptzufahrtstraßen seien monatelang mit Baustellen blockiert worden. Einige Speditionen hätten sich daraufhin geweigert, in der Innenstadt auszuliefern.

Forderung: parallele Baustellen vermeiden, an neuralgischen Punkten Bauzeiten verkürzen, in Schicht-und Wochenendarbeit durchführen.

- Als völlig unbefriedigend bezeichnete Hattig die Gewerbeflächensituation. Seit 1987 sind nach einer Umfrage der Kammer 384 Unternehmen aus Bremen abgewandert, davon hat ein Viertel das „unzureichende Gewerbeflächenangebot“ als wichtigsten Abwanderungsgrund angegeben.

Forderung: Da im gesamten Stadtgebiet nur vier bis fünf Hektar zur sofortigen Ansiedlung angeboten werden könnten, müsse die Hemelinger Marsch umgehend als Gewerbegebiet ausgewiesen werden.

-Dauerbrenner in der Standortpolitik ist für die Kammer die Schulpolitik. „Dringend“ rät die bremische Wirtschaft, den Aufbau durchgängiger, selbständiger Gymnasien nicht weiter zu verzögern. Dabei dürften die Privatschulen, laut Hattig für viele eine „Rettungsinsel“ im bremischen Schulsystem, aber nicht finanziell schlechter ausgestattet werden.

-Besonders standortschädlich seien die Sonderbelastungen, die Ampelsenat und Bürgerschaft der bremischen Wirtschaft aufbürden: höhere Müllgebühren zum Beispiel. Gegenüber den bisher genannten 25 Prozent im privaten Bereich hätten Gewerbetreibende 50 bis 550 Prozent zu verkraften. Zusammen mit der Abfallabgabe und der Wasserentnahmegebühr würden sich diese Kosten „erheblich“ auf die Ertragssituation und damit auf das Investitionsverhalten der betroffenen Unternehmen auswirken.

Der Handelskammer-Präses abschließend: „Sonderbelastungen sind die falsche Medizin.“ Stattdessen müßten all die Punkte des Sonderinvestitionsprogramms realisiert werden, die zu einer Erhöhung der Wirtschafts- und Steuerkraft Bremens beitragen. ra