Meine erste Tupperparty

■ Wie sich einmal fehlgesteuerte Vorratshalterinnen zu wahren Tupperinnen wandelten

An was, fragte ich mich neulich, als mir ein wenig sentimental zumute war, will ich mich später eigentlich mal erinnern? An meine erste Liebe, meine erste heilige Kommunion?

Ach, Schnickschnack, dachte ich plötzlich — natürlich an meine erste Tupperparty! Denn das ist eine Party, die sucht ihresgleichen und wird sie nicht finden. Wirklich! Man muß zwar ordentlich aufpassen, daß man nicht die Übersicht verliert und nachher runde Wurst in eckige Käsedosen packt. Aber man hat auch immer wieder Grund zur Freude. Schließlich begegnet der Mensch, besser: die Frau, selten einer derartig plastischen Formenvielfalt. Ja, es gibt schon Behälter, deren Inhalte noch erfunden werden müssen.

Wenn bloß alle tuppern täten! Die Welt bliebe länger frisch! Und es ist soo einfach: Welt rein in die Dose, Deckel drauf, Restluft raus, pfft, Welt frisch bis Posemuckel! Okayokay, für die Welt gibt's noch keine Tupperdose, aber sonst für alles! Wie — für was alles? Für alles eben!

Aber ich sehe, Sie haben noch keine Tupperparty mitgemacht. Oder gehen Sie schon mit Pfeffer und Salz spazieren? Eben. Das könnten Sie nämlich längst, wenn Sie den Würzling hätten: ein niedliches Kümmerding für unterwegs — mit Deckel, pfft. Längst können Sie auch häuslicheren Lebensmitteln einen kleinen Ausblick gönnen: unter dem glasklaren Haubendeckel der Vorratsdose Bellevue macht Vorratshaltung doppelt Spaß und die Wurst sieht auch noch was.

Können Sie sich vorstellen, wieviel Spaß wir, die Damen von der Tupperparty, hatten? Können Sie nicht. Im Hintergrund lachte der Eßtisch unter der 100köpfigen Produktpalette, im Vordergrund wachte unsere Tupperberaterin heldenhaft über eine bis dato gänzlich unbetupperte Rasselbande.

Nach der Panoramadose Bellevue kamen die vier Wichtel dran, jeder Wichtel so groß wie drei Eidotter — alle mit Deckel, pfft. Jede von uns konnte sich gut die zwei Gürkchen vorstellen, die man mittels Wichtel mit ins Büro nehmen kann — also wer will. Aber plötzlich wollten fast alle. Bloß die freche Anneliese wollte wieder Tomatenscheiben mitnehmen und hätte fast die Runde gesprengt.

Gottseidank hatte unsere Beraterin, eine von weltweit 400.000, eine Überraschung vorbereitet: das war das Naschkätzchen, das Schatzkästchen des Sortiments. Erfahrene Naschkatzen halten darin Kuchen, Schinkenröllchen, Nähsachen, Proviant oder die Reiseapotheke bereit — und bieten auch gleichzeitig daraus an! Ein weiter Weg für Unerfahrene, das war uns allen klar, aber wir wollten ihn beschreiten und kreuzten Kästchen um Kästchen auf unserem individuellen Bestellzettel an. Von all der Aufregung und den Likörchen ermattete unser Kränzchen ein wenig; allein, was hatten wir noch alles vor uns: Frau Holle, das Schüttelsieb, Rumpelstilzchen, das Schüttelbecherlein und die drei Julchen. Die Julchen hab' ich jetzt vergessen, aber irgendwie auch formschön und mit pfft.

Hab' ich schon von den Eierfreunden gesprochen? Oder vom doppelten Lottchen oder einfachen Heinerle für Spielzeug oder Backwaren oder Radieschen oder Cocktailkirschen? Nach den drei appetitlichen Servierschalen-Elementen Baronesse, Hostess und Noblesse, auch untereinander als Deckel kombinierbar, fiel unsere Single-Fraktion ins Vorrats

hierhin bitte das

Foto von den

drei

übereinandergestapelten

Plastikdosen

„Wenn bloß alle tuppern täten! Die Welt bliebe länger frisch!“ Foto: Tristan Vankann

haltungstrauma, obwohl der Schüsselset Clarissa und die stapelbaren Tafelperlen noch gar nicht dran waren; und auch Saladin und die Eidgenossen — gefrieren Sie niemals Eidgenossen! — lagen noch vor uns.

Zum Schluß ging's noch um die Wurst, also ob man runde Wurst auch in eckige Behälter tun darf. Eigentlich ja — wenn sie nicht geräuchert ist! Hier, so appellierte unsere Beraterin an unsern letzten Verstand, muß die Luft in dem Behälter stehen. Ach, wir fühlten längst, daß wir der Tupperdose nicht gewachsen waren, ja: Wir waren ihrer unwürdig! Immerhin würde sie uns alle überleben, die alte Schachtel, unzerbrochen auf ihrem Siegeszug seit 1945, als Mister Earl Tupper, vermutlich aber Tapper, zur Konservierung seiner Angelwürmer die Vorratsdose aus Polyäthylen erfand.

Die Welt, das lehrt uns Herr

Tupper, vermutlich aber Tapper, der Himmel soll ihn frisch halten, könnte so haltbar sein. Wir müssen nur wollen. Schließlich hat jede Form ein Recht auf ihren Inhalt. Claudia Kohlhase