Müssen Jugendclubs bald in Zelte umziehen?

■ Bündnis 90/Grüne kritisieren Vorgehensweise bei Privatisierung der Jugendclubs

Berlin. Im ersten Stock des Dienstleistungswürfels „Am Tierpark“ in Lichtenberg blicken Panther gelbäugig auf die etwa 40 Jugendlichen herab, die regelmäßig herkommen. In drei großen Räumen können sie Billard und Tischtennis spielen oder Hausaufgaben machen. Zur Disco abends kommen sogar bis zu 200. „In dem Wohngebiet ist der Club ein wichtiger Treffpunkt, gerade weil wir den Rechtsruck nicht mitmachen“, sagt Clubleiter Henry Heinecke.

Der Jugendclub ist einer von 24 Jugendclubs, die die Treuhand mit den Dienstleistungswürfeln privatisiert. Dem ausgearbeiteten Mustervertrag wird vorgeworfen, er enthalte keine ausreichenden Regelungen zum Erhalt der Jugendeinrichtungen (die taz berichtete). Von der Verpflichtung zum Erhalt könne sich der Investor mit 100.000 Mark „freikaufen“, kritisierte Ines Saager, Bezirksstadträtin für Wirtschaft in Marzahn, gestern auf einer Pressekonferenz. Die Dienstleistungewürfel würden als ideale Standorte für Handels- und Dienstleistungszentren angeboten, um verantwortungsvolle Jugendpolitik gehe es an keiner Stelle. Den Jugendclubs werde sogar vorgeschlagen, während etwaiger Umbaumaßnahmen in ein Zelt auszuweichen, „auf der Marzahner Promenade vielleicht“.

„Wir fordern den Stopp der laufenden Verhandlungen auf dieser Grundlage und Nachbesserungen bei den bereits abgeschlossenen Verträgen“, sagte die AL-Abgeordnete Michaele Schreyer. Sie regte an, für jeden Standort Lösungsmöglichkeiten an einem runden Tisch zu diskutieren. Daran sollten sich Senats- und Bezirksverhandlungen sowie Treuhand und Investor beteiligen.

Martin Georg hat als Geschäftsführer der DDC, einer Planungs- und Entwicklungsgesellschaft, zwei Standorte in Marzahn erworben. Im Akaziengrund wolle er sogar freiwillig ein Jugendzentrum einrichten. „Diese Standorte sind so sensibel, daß wir alle Bevölkerungsgruppen in das Konzept integrieren müssen.“ In Schwedt an der Oder habe seine Firma bereits ein multifunktionales Handels- und Dienstleistungszentrum eingerichtet, wo sowohl für ein Jugendzentrum als auch für eine Mutter-Kind-Einrichtung und ein selbstverwaltetes Seniorencafé gesorgt wurde.

Finanzsenator Elmar Pieroth (CDU) wies die gegen ihn erhobenen Vorwürfe zurück. „Gerade für den Erhalt der Jugendclubs hat sich der Senat besonders eingesetzt“, so der Senator. Dem Investor sei kein Freikauf möglich, der Senat könne vielmehr mit diesen Verträgen die Einrichtung von Jugendclubs gerichtlich erzwingen. Die Bezirke sollten froh sein, auf diese Weise ein breites Angebot an Dienstleistungen, Handwerk und Gastronomie zu bekommen. cor