Unaufgefordert

■ ZDF-Team wieder ausgezeichnet

Tinh, ein junger Vietnamese, steht auf der Balkonbrüstung im obersten Stockwerk eines Fertigteilhauses und sinniert im Halbdunkel über Ursachen von Gewalt gegen Ausländer. Unten grölen jugendliche Deutsche in größerer Anzahl. Kurze Zeit später brennen die unteren Geschosse des Hauses, 130 Menschen suchen einen Ausweg über das Dach des Neubauhauses. Der Polizeinotruf ist ständig besetzt, ein Polizeisprecher diagnostiziert ungeachtet dessen „unkonventionelle Hilfe“ der Beamten. Die angerückte Feuerwehr löscht nicht, sondern zieht wieder ab. Die im Hause sind, fliehen übers Dach.

Das Szenario ist bekannt: Rostock-Lichtenhagen im August. Mit den VietnamesInnen waren der Rostocker Ausländerbeauftragte Dr. Wolfgang Richter und ein Kamerateam des ZDF-Magazins „Kennzeichen D“ eingeschlossen. Der Film, der dort gedreht wurde, ist bereits zweimal ausgezeichnet worden — mit dem Ehrenpreis der IG Medien und dem „Telestar“. Am vergangenen Sonntag erhielten der Ausländerbeauftragte und das ZDF-Team in Berlin die Carl-von-Ossietzky-Medaille der Internationalen Liga für Menschenrechte. Die Laudatio hielten die Preisträger der vorangegangenen Jahre, Liselotte Funcke und Konrad Weiß.

Wenn die Liga für Menschenrechte glaube, damit die Bewegung gegen Haß und Gewalt zu stärken, wolle er die Auszeichnung gern annehmen, sagte Wolfgang Richter. Allerdings habe er nichts als seine Arbeit getan. Der für den TV-Beitrag verantwortliche Redakteur, Thomas Euting, hatte dagegen keinerlei Schwierigkeiten, die Medaille in Empfang zu nehmen: „Sie paßt — verzeihen Sie die Unbescheidenheit — auch ganz ausgezeichnet zu ,Kennzeichen D‘“, meinte Euting. Das Team wundere sich aber, daß sich die Preise für diesen Film derart häufen. Der Innenminister von Mecklenburg- Vorpommern hat nichts Besonderes dazu zu sagen. Außer: „Niemand hat das ZDF-Team aufgefordert, dort hinzugehen.“ Friederike Freier