Staatsanwalt will nicht verwechselt werden

■ Zur Sendung „Titel, Thesen, Temperamente“, Sonntag, 22.15 Uhr, ARD

Generalstaatsanwalt Prechtel in Schwerin mag nicht mit seinem Stellvertreter, Dr. Helmut Münzberg, verwechselt werden. Das Kulturmagazin „Titel, Thesen, Temperamente“ hatte dafür Verständnis und räumte am Sonntag ein in der vorigen Sendung entstandenes Mißverständnis aus – allerdings nicht ohne die Erinnerung an Münzbergs unrühmliches Wirken in seiner Zeit als Hamburger Oberstaatsanwalt wachzurufen.

An den Juristen Münzberg hatte sich der Kölner Politologe Peter Finkelgruen in einem Beitrag der „ttt“-Sendung am Sonntag zuvor erinnert gefühlt, als er – ohne ihn namentlich zu nennen – resümierte, wie tief Säumigkeit und Milde gegenüber den Verbrechern des Holocaust in der niemals wirklich entnazifizierten deutschen Justiz verwurzelt sind. Finkelgruen nannte – wie gesagt – keinen Namen, sprach aber davon, daß der entsprechende Jurist nun Generalstaatsanwalt in Schwerin sei. Münzberg ist aber nur Stellvertreter.

„ttt“ war in der betreffenden Sendung Finkelgruens Recherchen nachgegangen. Der Kölner Politologe hatte 1989 ermittelt, daß sein Großvater in Theresienstadt vom dem KZ-Schergen Anton Malloth ermordet worden war. Die Staatsanwaltschaft Dortmund wußte dies seit 1979, doch die Anzeige des Enkels endete damit, daß er 1992 dem Land NRW und dem Landgericht Dortmund insgesamt 824 Mark dafür bezahlen mußte, daß er sie bemühte. Oberstaatsanwalt Klaus Schacht hatte Malloth, der bereits 1948 von einem DDR- Gericht in Abwesenheit zum Tode verurteilt worden war, der westdeutschen Justiz aber jahrelang als „unauffindbar“ galt, schließlich in einem Münchener Krankenhaus vernommen, sich aber geweigert, Anklage zu erheben – mangels „begründetem Tatverdacht“.

Ebenso verhielt sich Münzberg in Hamburg: An der Elbe war er Ende der sechziger Jahre mit Ermittlungen gegen den Henker der Kinder vom Bullenhuser Damm, SS-Obersturmführer Arnold Strippel, befaßt. Strippel, 1949 von einem Frankfurter Gericht unter anderem wegen Massenmordes in Buchenwald zu 21mal „lebenslang“ verurteilt, ist längst wieder ein freier Mann und kassierte laut „ttt“ gar Haftentschädigung.

Münzberg stellte 1967 seine Ermittlungen gegen Strippel ein. Eine Tatbeteiligung bei der Erhängung von 20 Kindern am 20.4. 45 sei nicht nachweisbar gewesen. Im übrigen fehlte dieser Greueltat das Merkmal der Grausamkeit, da die Kinder vor dem Erhängen mit Morphium betäubt worden seien. „Ihnen ist also über die Vernichtung ihres Lebens hinaus kein weiteres Übel zugefügt worden, sie hatten insbesondere nicht besonders lange seelisch oder körperlich zu leiden.“

Wenn es um ihn selber geht, ist der Jurist, der sein Ermittlungsergebnis zugunsten des SS-Obersturmführers seiner Zeit in der Hamburger Justiz gebilligt und abgesegnet wußte, bei weitem empfindsamer. Vor kurzem, so „ttt“, zwang Münzberg dem NDR eine Gegendarstellung auf. Momentan will er von der Hamburger Edition Nautilus und ihrem Autor Karl Eduard von Schnitzler 10.000 Mark Schmerzensgeld. In dem Schnitzler-Buch „Der rote Kanal“ werde der Eindruck erweckt, Münzberg habe für Strippel auf Freispruch plädiert. Das sei „ehrverletzend“. Ulla Küspert