Ex-Minister verteidigt Minen an der Grenze

■ Honecker-Prozeß fortgesetzt

Berlin (taz) – Fritz Streletz, ehemals stellvertretender Verteidigungsminister der DDR, äußerte sich gestern im Prozeß gegen Honecker & Co. erstmals zu den gegen ihn erhobenen Vorwürfen. In knarrendem Ton, der die Erinnerung an seine Uniform und die Orden noch einmal wachrief, verlas er eine neunseitige Erklärung. Die Grenze sei keine „innerdeutsche Grenze“ gewesen, über die die DDR souverän hätte verfügen dürfen. Vielmehr sei sie eine „durch den Zweiten Weltkrieg geschaffenen Trennlinie zwischen Sozialismus und Kapitalismus, zwischen dem Warschauer Vertrag und der Nato“.

Einen Schießbefehl habe es nicht gegeben. Andernfalls wären „mit Sicherheit weitaus mehr Opfer zu beklagen gewesen“. Er persönlich bedauere dennoch „den Tod oder jede Verletzung eines Menschen und das damit hervorgerufene Leid“. Auch habe er gegenüber dem Chef der Grenztruppen wiederholt Kritik hinsichtlich des „hohen Anteils von Dauerfeuer“ zum Ausdruck gebracht, da es sich dabei nicht um ein geeignetes Mittel der Festnahme gehandelt hätte und den DDR-Schußwaffenbestimmungen entgegenstand.

Die Minen im Grenzbereich wertete Streletz als übliche Maßnahme zwischen nicht befreundeten Staaten. Aus „Sicherheitsgründen“ habe man „militärische Sperrgebiete“ errichtet, die weithin sichtbar mit Warntafeln kenntlich gemacht waren. Verdeckte Minen habe es nicht gegeben.

Der frühere Chef von Streletz, Heinz Keßler, Ex-DDR-Verteidungungsminister, hatte zuvor jede weitere Beantwortung von Fragen abgelehnt. Der Vorsitzende sei voreingenommen, und es handle sich um einen politischen Prozeß, begründete er seine Aussageverweigerung. ja