■ Kommentar
: Papierflieger

Politiker, Verwaltungsbeamte und Wirtschaftsbosse sollten Zeitungsmeldungen zum Thema Flugverkehr lesen, selbst wenn ihnen deren Inhalt nicht passen mag. Schon vor einem Jahr haben die Experten, die für Lufthansa und den Bundesverkehrsminister die zukünftige „Luftverkehrsnachfrage“ in Berlin hochrechneten, zugegeben, daß in den Prognosen wesentliche Kriterien nicht berücksichtigt wurden. Beispielsweise war ignoriert worden, daß das Fliegen teurer wird, wenn sich Umweltschützer mit der lange geforderten Kohlendioxidsteuer durchsetzen. Manche Experten wiesen in ihren Studien wenigstens darauf hin, daß sie bei ihrem Blick in die Zukunft eine „äußerst optimistische Wirtschaftsentwicklung“ unterstellt hatten.

Seit diesen Meldungen ist ein Jahr vergangen – und erstmals werden die für das Jahr 2000 erwarteten Passagierzahlen widerrufen. Der „wirtschaftliche Abschwung“ sei so nicht absehbar gewesen, heißt es heute. Merkwürdigerweise entspricht die geänderte Fluggastzahl genau dem, was die vorhandenen Flughäfen leisten können, wenn sie nicht so ausgebaut werden wie bisher geplant. Es drängt sich der Verdacht auf, daß sowieso nicht hochgerechnet werden soll, was die Zukunft bringt, sondern daß so lange mit Zahlen jongliert wird, bis sie für die eigene Argumentation passen.

Aber es ist ohnehin unerheblich, mit welcher Absicht welche Voraussage getroffen wird. Denn Tatsache ist, daß keiner mit Sicherheit voraussagen kann, wie sich der Flugverkehr entwickeln wird. Aber nur wer das einsieht, kann vernünftig planen: nämlich flexibel. Berlin braucht keinen neuen Großflughafen, wo ein potientieller schon vor der Tür liegt – Schönefeld. Wenn Berlin und Brandenburg die Bebauung um den Flughafen konsequent unterbinden, kann der Airport für bis zu 40 Millionen Passagiere ausgebaut werden – falls jemals so viele kommen. Doppelte Investitionen wären überflüssig. Dirk Wildt