Tunnelbau legt Tiergarten trocken

■ Bezirk und Initiativen veröffentlichen geheimes Gutachten/ Verkehrsverwaltung kann Umweltschäden nicht ausschließen

Berlin. Der Bau des geplanten Eisenbahntunnels gefährdet den Baumbestand im Tiergarten und in dessen Umgebung erheblich. Zwei Stadträte des Bezirks Tiergarten und Bürgerinitiativen stellten gestern ein entsprechendes Gutachten vor, das Verkehrsverwaltung und der Bundesverkehrsminister in Auftrag gegeben hatten, aber nicht veröffentlichen wollten.

Bei dem Bau des etwa vier Kilometer langen Eisenbahntunnels, der den Tiergarten von Nord nach Süd in der Nähe der Entlastungsstraße unterqueren soll, müsse das Grundwasser um 15 bis 20 Meter abgesenkt werden, sagte Karl- Heinz Ludewig von der Bürgerinitiative Westtangente. Das bedeute, daß etwa die Hälfte der Bäume zwischen Entlastungsstraße und Großem Stern absterben werden und die restlichen der insgesamt etwa 150.000 Bäume stark gefährdet sind.

Von dem denkmalgeschützten Park weit entfernte Straßenbäume sind ebenfalls erheblich betroffen. In einer Karte haben die Gutachter selbst jene Straßenbäume als „gefährdet“ markiert, die südlich des Gleisdreiecks an der Kreuzbergstraße stehen. Über die Straße hinaus sind Bäume offenbar nur deshalb nicht mehr als gefährdet eingestuft worden, weil bei der Kreuzbergstraße das Untersuchungsgebiet endet.

Die Ergebnisse dieses Gutachtens wertete Wolfgang Endler von der Baumschutzgemeinschaft aber als noch zu optimistisch. Es sei nur der Bau des Eisenbahntunnels berücksichtig worden. Tatsächlich ist aber der Bau weiterer drei Tunnel für U- und S-Bahn sowie den Autoverkehr vorgesehen. Auch sei vernachlässigt worden, daß die Großbaustellen im Regierungsviertel und am Potsdamer Platz den unterirdischen Wasserhaushalt empfindlich stören werden.

Baustadtrat Horst Porath (SPD) forderte deshalb den Senat auf, die schonendste Methode beim Bau der unterirdischen Verkehrsröhren zu wählen: „Am Geld darf das nicht scheitern.“ Dennoch glaubt auch der Stadtrat, das selbst die umweltfreundlichste Methode „verheerende Folgen“ nach sich ziehe. Er habe sich deshalb schon früher gegen die geplanten Tunnel ausgesprochen. Gesundheitsstadträtin Sabine Nitz-Spatz (AL) sprach von einem „Verbrechen an Natur und Mensch“.

Die Verkehrsverwaltung widersprach Stadträten und Umweltinitiativen. Eine Grundwasserabsenkung sei für den Bau aller vier Tunnelbauten nicht vorgesehen, sagte Rüdiger Lemnitz, Leiter des Referats Bahnplanung. Lemnitz konnte allerdings „nicht endgültig“ ausschließen, daß Grundwasser entnommen werden muß: „Aus dem Gutachten kann aber auf keinen Fall geschlossen werden, daß Bäume kaputtgehen.“ Dirk Wildt