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Das Leben der schönen Toten

■ „Der Tod steht ihr gut“ – eine schwarze Komödie über Untote und ihre Kosmetiker von Robert Zemecki

Der Busen ist schuld. Jawohl, der Busen! Diesmal liegen die ansonsten immer gut unterrichteten Friseurkreise voll daneben, die schon seit einiger Zeit verkünden, daß üppige Frauen gerade schwer im Kommen sind. Ein Gerücht. Eine Lüge. Und schuld daran ist der Busen, genauer gesagt die Brüste der Mannequins. Das heutige Schönheitsideal, also das gewöhnliche Vogue-Model, sieht nicht mehr wie ein halb verhungerter Schuljunge aus, ist aber nach wie vor schlank (25 Prozent Untergewicht), athletisch und hat, das ist neu, wieder einen Busen, den Mann sehen kann.

Dieser Busen wurde von leichtgläubigen Menschen gleich zu einem Rubens-Körper hochinterpretiert, verbunden mit der Hoffnung, daß die schwanztragenden Reklame-Fuzzis diesmal einen menschlichen Trend kreiert hatten. Weit gefehlt!

Die kriminellen Werbestrategen machten den ganzen weiblichen Körper zu einer Problemzone. Die Mode ist heute der Körper, der einen bestimmten Zuschnitt haben muß. Früher gab es Kleidung für den Körper, heute braucht Frau einen Körper für die Kleidung. Ein Minirock oder eine Radlerhose lassen sich nicht „betrügen“. Also wird in reklamegläubigen Frauenkreisen gehungert bis zum Umkippen, und die Zeit, die durch ausgefallene Mahlzeiten eingespart wird, verbringt frau mit Eisenpumpen im Bodybuilding- Studio. Aber es gibt ein Problem. Jeder, der schon einmal bei den Olympischen Spielen zugeschaut hat, weiß, daß unter 100 Athletinnen vielleicht noch eine von Natur aus einen großen Busen vorweisen kann.

Die Götter der Modezeitschriften und TV-Spots verlangen jedoch einen sportlich gestählten Körper und die stattliche Brust. Genau zu diesem Zeitpunkt kommen die Hohen Priester der Werbegötter ins Spiel – die Schönheitschirurgen. Sie modellieren sterbliche Hüllen nach Katalog. Die üppige Mutterbrust, prall gefüllt mit Silikon, gibt's schon für schlappe 7.000 Mark.

Regisseur Robert Zemeckis („Zurück in die Zukunft“) hat aus dem krankhaften Schönheitswahn mit dem Trend zum Skalpell eine böse schwarze Komödie gemacht. „Der Tod steht ihr gut“ spielt in Beverly Hills, wo Schönheit alles ist und wo jeder Preis für das Hinauszögern des Alterungsprozesses gezahlt wird. Meryl Streep mimt die in die Jahre gekommene Schauspielerin Madeline Ashton, die einen aussichtslosen Kampf gegen Falten und Krähenfüße führt. Als sie ihre ehemalige beste Freundin Helen Sharp (Goldie Hawn) wiedertrifft, wittert Madeline ihre Chance. Denn Helens Freund ist der Schönheitschirurg Dr. Ernest Menville (Bruce Willis). Madeline geht aufs Ganze, heiratet Menville. Helen flüchtet sich in Freßsucht und sinnt auf Rache. Menville tauscht schon bald das Skalpell mit der Whiskeyflasche, und Madeline rennt zu einer Hexe (Isabella Rossellini), die ihr Jugend und Schönheit mittels Zaubertrank zurückgibt.

Die Sache hat allerdings einen Haken: Madeline ist nun zwar wieder schön, aber auch tot. Ihr Geist weilt längst in der Ewigkeit, während sich ihr Körper vor dem Verfall sträubt. Nach und nach findet Madeline heraus, daß sie nicht die einzige lebende Leiche ist – die ganze Gegend wimmelt nur so von wunderschönen Untoten.

George A. Romero stellte in seinem Kultfilm „Dawn of the Dead“ fest: „Wenn in der Hölle kein Platz mehr ist, kommen die Toten auf die Erde zurück.“ Das muß schleunigst geändert werden. Im Hades muß endlich wieder Raum geschaffen werden – für die Reklame-Heinis und die Schönheitschirurgen. Karl Wegmann

Robert Zemeckis: „Der Tod steht ihr gut“. Mit Meryl Streep, Goldie Hawn, Bruce Willis, Isabella Rossellini u.a. USA 1992; 103 Min.

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