Bürokratische Mutationen

■ Vom Kino über das Kulturzentrum zum Jugendprojekt? – Der Club Gérard Philipe wehrt sich gegen die willkürlichen Entscheidungen der Senatsbürokratie

„Ich habe mir dieses Haus richtig gesucht, das war 1988, da war hier kaum was los. Ich dachte, hier kann ich kulturell und sozial was in Bewegung bringen.“ Peter Waschinsky, Puppenspieler mit Hang zu anderen Künsten, Entertainer mit lockerem Mundwerk, Regisseur und unermüdlicher Kulturorganisator, erzählt, wie für ihn alles anfing. Mit dem Club Gérard Philipe in der Treptower Karl-Kunger-Straße und mit seiner genreübergreifenden Kulturarbeit, die endlich einen festen Wohnsitz haben sollte.

Vier Jahre später droht diesem Versuch das Aus: Der Jugendhilfeausschuß beschloß, der Bezirksverordnetenversammlung (BVV) nahezulegen, den Club Gérard Philipe aus den Fängen des Kulturamtes in die Klauen des Jugendamtes zu entlassen. Der Beschluß, der einen einzigen der im Haus ansässigen Vereine mit der zukünftigen Kinder- und Jugendarbeit betreuen will, wurde ohne vorherige Besichtigung des Gebäudes gefaßt. Die fand erst Anfang Dezember statt – da endlich wurden die MitarbeiterInnen auch über die anstehenden Veränderungen informiert.

Das Ex-Kino, das einen großen Saal und wenige, winzige Nebenräume hat, die den Zwang zur Gemeinsamkeit mit sich bringen, ist völlig ungeeignet für die Struktur eines Jugendzentrums; zwei benachbarte Objekte wurden längst vorgeschlagen, ein angrenzendes Feuerwehrgebäude und das Heizhaus, das demnächst frei wird.

Waschinskys Cabarét Philipe, das weit über Berlin hinaus mit seiner eigenwilligen Programm-Mixtur von sich reden macht, hat auch nur einige Quadratmeter zur Verfügung. Vernetztes Arbeiten gehört nicht nur aus Platzmangel zum Konzept des Clubs. Nicht so wie im sozialistischen Kulturhaus, wo zwar alles stattfand, aber eben alles nebeneinander ohne Bezüge.

„Man versucht uns zu einer Art elitärem Laden zu stempeln und zu sagen, was wir brauchen ist Jugendarbeit. Damit schafft die Bürokratie ein Problem, das es gar nicht gibt.“ Scheint so, daß es weder um praktikable Vorschläge noch um Raum für Jugendliche geht, eher schon um Politiker und Beamte, die nicht wissen, was um sie herum geschieht. Denn seit langem veranstalten die MitarbeiterInnen regelmäßig Kinder-Cabaréts und Seniorencafés, organisieren zudem ausländisch-deutsche Feste, geben mit dieser Arbeit verschiedenen Gruppen eine Möglichkeit, ihre Isolation zu überwinden.

Zwei Jahre lang haben sich die Beteiligten nun mit dem Kulturamt herumgeschlagen, Konzeptionen immer wieder überarbeitet, unzählige Sitzungen absolviert und nie signalisiert bekommen, was dem Club droht.

Jetzt sind sie des Debattierens müde und besetzen ab heute abend ihren Club, eine auf 19 Uhr anberaumte theatralische Pressekonferenz läutet die Aktion ein. Neugierige Zaungäste, engagierte BesucherInnen und solidarische KünstlerInnen sind das ganze Wochenende über gern gesehene Gäste. Anna-Bianca Krause

Heute, am Freitag um 20 Uhr, werden nach der Pressekonferenz „Glanzlichter vom diesjährigen Chanson-Festival in Frankfurt/O.“ gezeigt, mit Maike Nowak, Jacob- Bauer-AG u.a.

Am Samstag um 15 Uhr findet ein Kinder-Cabarét mit der Jacob- Bauer-AG statt; um 20.30 Uhr gibt es im Club „Egotrips mit DAT/ Pantomimetheater“

Am Sonntag um 20.30 Uhr: nochmals die „Egotrips mit DAT/Panomimetheater". Weitere Aktionen sind den engagierten BesucherInnen vorbehalten.