Gefälschte BVG-Tickets waren Satire

■ Fahrscheine mit menschenverachtenden Sprüchen stammen vom Kabarett BKA

Berlin. Das Rätsel um die gefälschten BVG-Karten mit menschenverachtenden Aufschriften ist gelöst. Die täuschend echt aussehenden Sammelkarten zu 10,40 DM sind keineswegs, wie gestern vermutet, in den letzten Tagen in Umlauf gebracht worden, sondern werden seit mehreren Jahren von der populären Berliner Kabarettanstalt BKA als Bestandteil der Eintrittskarten ausgegeben. Im kleingedruckten Text auf der Rückseite heißt es unter anderem: „Das Anzünden von Ausländern ist während der Fahrt nicht gestattet.“ BKA-Geschäftsführer Niels van Wieringen erklärte gegenüber der taz: Jeder, der das BKA kenne, wisse, daß der Text „stark zynisch“ gemeint sei. „Die Sammelkarten sind zwar älter als die jüngsten Schlagzeilen, aber bestimmt nicht älter als die deutsche Ausländerfeindlichkeit.“

Noch nicht geklärt ist, wie zwei der Karten in die Hände von BVG- Fahrgästen kamen. BVG-Sprecher Bernd Göbel teilte mit, die beiden Fahrgäste hätten behauptet, diese Sammelkarten an BVG- Schaltern gekauft zu haben.

Bei einem der Fahrgäste handele es sich laut Märkische Oderzeitung um einen Bundesbediensteten, der den Fahrschein nach einem Berlin-Besuch bei der Kostenabrechnung in Brandenburg eingereicht habe. Dort sei die Fälschung aufgefallen. Von der taz mit der Nachricht konfrontriert, daß es sich vermutlich um BKA- Karten handelt, verschlug es dem BVG-Sprecher Göbel fast die Sprache: „Irgendwo sind der Meinungsfreiheit Grenzen gesetzt.“ Er verwies darauf, daß ihm die BKA- Karten, allerdings mit einem weniger menschenverachtenden Text, aus der Vergangenheit bekannt seien. Das Ermittlungsverfahren sei von der Staatsanwaltschaft im vergangenen Juli eingestellt worden.

Nach Angaben des künstlerischen Leiters des BKA, Jürgen Müller, kursieren die gefälschten Sammelkarten mit diesem Text bereits seit der letzten Fahrpreiserhöhung im August 1991. „Satire“, so Müller, „muß überhöhen, sonst hat sie keine Kraft.“ Wahrscheinlich habe sich der Bundesbedienstete aus Brandenburg bei der Kostenabrechnung „geschämt zu sagen, daß er im BKA war, und wollte die 10,40 DM Fahrgeld einstreichen“, vermutete Müller.

Die Grünen/AL bliesen gestern aufgrund der Aufregung um die BKA-Tickets kurzfristig eine Protestaktion gegen die für 1. Januar kommenden Jahres geplante Fahrpreiserhöhung ab. Ursprünglich sollten 10.000 gefälschte BVG- Sammelkarten verteilt werden. Der verkehrspolitische Sprecher der Grünen-Fraktion, Cramer, verteilte gestern statt dessen an der U-Bahn Wittenbergplatz Flugblätter, an denen Passanten aber kaum Interesse zeigten. plu/diak