Unterm Strich

„Hoyerswerda – Rostock – Mölln“, heißt es beherzt und schmissig in einer Pressemitteilung, in der Ruhrgebietskünstler gegen Rechts um „kurzfristige Veröffentlichung im Rahmen ihrer publizistischen Möglichkeiten“ bitten. Offenbar ist damit irgendwie schon das meiste gesagt; der Rest ist Goodwill, in dessen Zeichen sich „namhafte Kulturschaffende und Künstler des Reviers“ wie etwa Götz Alsmann, Natty U, The Frits, Komm mit Mannis oder Fred Ape zusammentun, um – unter dem Motto „Aufstehn und nicht vergessen“ – vereint zu musizieren. Nun denn, rocket dahin! (Leider ist der Konzerttermin, es war der 14.12. – übrigens keineswegs durch Badwill der Kulturredaktion – ohnehin verstrichen.) Zu denken gibt uns bloß die Tatsache, daß aus dem kreuzbiederen Softjazzer Michael Sagmeister ein Herr Sargmeister wurde. Der gute Wille ist ein Sargmeister aus Deutschland, oder was?

Überhaupt nimmt die Völkerverständigung, der kulturelle Austausch zwischen den Völkern, die weltweite Gesamtökumene zwar schöne und löbliche, doch gleichwohl irgendwie allzu bunte, untergründig beunruhigende Formen an. Gerade schneit uns die Nachricht ins Haus, daß der „Windsbacher Knabenchor“ zu einer Musiktournee nach Israel aufbrechen wird. Man legt großen Wert auf die Deutsche und Israelis verbindende „Schiene Musik“, ist von Seiten der Veranstalter zu vernehmen. Der „weit über Franken hinaus bekannte Knabenchor“ wolle die Jugend zusammenführen. Weitere Höhepunkte des Tourneejahres der „Windsbacher“: Anfang März eröffnen sie die Thüringer Bachwoche, dann wird schon bald gen Süden gebrummt, wo „der evangelische Knabenchor zum ersten Mal in seiner Geschichte in der weltberühmten katholischen Wieskirche in Oberbayern auftreten wird“.

Die Berliner Hochschule der Künste soll laut Senatsvorgaben 500 Studienplätze streichen (womit auch jede zehnte Professur gefährdet wäre). Protest eingelegt hat dagegen der Präsident der Hochschule, Olav Schwencke. Angst hat er offenbar aber weniger vor der realen Verringerung der Ausbildungsplätze als vor einem „kulturellen Image-Verlust“. Berlin würde im Falle einer Kürzung „zurückfallen zu einem Posemuckel“.

Das Knastbuch „Freiwild“ der türkischen Autorin Sara Gül Turan darf in der Bundesrepublik auch weiterhin nicht in voller Länge erscheinen. In den „umstrittenen Passagen“ behauptet Turan, ein früherer Richter am Landgericht Frankfurt/M. habe sie sexuell belästigt. Eine Zivilkammer des Kölner Landgerichts bestätigte am Mittwoch die im November eingegangene einstweilige Verfügung, die der (namentlich nicht genannte) Richter erwirkt hatte. Der Verlag „Zebulon“ kündigte an, Berufung einzulegen und will notfalls bis zum Bundesverfassungsgericht gehen.