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Durchfall beim Rundfunkrat

■ Bremerhaven ist keine Qualifikation / Rundfunkrat: SPD-Mehrheiten unsicher

Der große Durchfall ist im Parlament von Radio Bremen, im „Rundfunkrat“ ausgebrochen: Ich eröffne den Wahlgang, ich schließe den Wahlgang, der Kandidat hat nicht die erforderliche Mehrheit erhalten. Über ein Dutzend Mal hat der Vorsitzende des Rundfunkrates, Heinz Möller, diesen Spruch wiederholt, um den Verwaltungsrat vollständig ins Amt zu bringen — keine Chance. Der Bremerhavener Sozialstadtrat ist der König: achtmal wurde er vorgeschlagen, achtmal durchgefallen. Die neue Bremerhavener Kandidatin, Frau Hoffmann — durchgefallen. Die DGB-Vorsitzende Ziegert — durchgefallen. Der FDP-Abgeordnete und Rechtsanwalt Axel Adamietz — durchgefallen. Knapp durchgefallen immerhin.

Der große Durchfall droht den Sender in Anarchie zu stoßen: Der Justitiar des Senders, Dr. Dany, hat darauf hingewiesen, daß der neue Verwaltungsrat, das Kontrollgremium der Geschäftsführung, sich erst konstituieren kann, wenn er vollständig besetzt ist.

Früher war das anders bei Radio Bremen. Da war vorher alles ordentlich ausgemauschelt. Auch diesmal hatte sich die SPD-Fraktion des Rundfunkrates vorher getroffen. Womit sie nicht gerechnet hatte: Die Zeit der absoluten SPD-Mehrheiten ist vorbei. Günter Lemke sitzt seit Jahren im Rundfunkrat und hat nie einen Ton gesagt. Was ihn für das wichtigere Gremium, den Verwaltungsrat, qualifiziert? Daß er aus Bremerhaven kommt, wurde zu seiner Kandidatur gesagt. Und das reicht nicht mehr als Qualifikation.

Lemke ist SPD-Politiker wie die Mehrheit des Verwaltungsrates. Der Senat, der traditionell einen Sitz besetzt, hatte offenbar keinen neuen Mann und ließ den Exil-Senator Grobecker auf dem einflußreichen Rundfunk-Posten.

Die Bremerhavener präsentierten als neue Kandidatin Frau Hoffmann. Auch sie hatte im Rundfunkrat nie etwas gesagt, kommt aus der Umgebung des Wirtschaftsdezernenten Lenz. Auch das reicht heute nicht mehr.

Die DGB-Vorsitzende Ziegert hat zwar das richtige Parteibuch, wäre aber die dritte Gewerkschafts- Funktionärin in dem sechsköpfigen Radio-Bremen- Gremium gewesen. Der FDP-Mann Adamietz hat das falsche Parteibuch, für ihn spricht eigentlich nur seine Arbeit im Rundfunkrat und seine Qualifikation. Auch das reicht nicht. FDP-Politiker will die SPD in dem Gremium offenbar nicht haben: Auch Harald Neujahr fiel nur durch.

Wie es jetzt weitergeht? Da der alte DGB-Chef Schmidt weggegangen ist aus Bremen und dessen Sitz auch frei wird, könnten zwei Sitze vergeben werden. Eine Lage, die nach ordentlichem Kuhhandel schreit, findet

Rosi Roland

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