Stadtland Bremen wird es nicht mehr geben

■ 1995 müssen Kommune und Land Bremen staatlich getrennt werden / SPD-Ost: Schwacher Landesvater

Kann es sein, daß 1995 in Europa alle EG-Bürger Kommunales Wahlrecht haben, egal in welcher Stadt und in welchem Land sie leben, nur in Bremen nicht? „Das kann nicht sein“, sagt Brigitte Dreyer, Mitglied des Unterbezirksvorstandes der SPD Bremen-Ost. Das bedeutet allerdings, daß die Bürgerschaft in der derzeitigen Form nicht mehr bestehen wird, weil in ihr Kommunalparlament und Landesparlament weitgehend identisch sind.

Bremen muß, das ist die Konsequenz einer SPD-Arbeitsgruppe, einen „Magistrat“ einführen wie Bremerhaven oder andere Städte, der Großteil der Verwaltung wird Kommunalverwaltung mit einem starken Oberbürgermeister. An diesen Kommunalwahlen müssen EG- Ausländer sich beteiligen können, steht im Maastrichter EG- Vertrag.

Als „Land Bremen“ bliebe ein über den beiden Stadtverwaltungen Bremen und Bremerhaven stehendes staatliches Gebilde übrig, das nicht viel zu tun hat: „Drei bis vier Senatoren reichen“, sagt Brigitte Dreyer. Für das Landesparlament würden „30 bis 51 Sitze“ ausreichen, die Landesregierung hätte andere Mehrheiten als die Stadt Bremen und es wäre „nicht glücklich“ (Dreyer), wenn es eine Personenidentität zwischen Präsident des Senats und Bremer Oberbürgermeister gäbe. Reinhard Barsuhn, ebenfalls Mitglied der SPD-Arbeitsgruppe, weist auf das verfassungsrechtliche Problem hin: Die in Deutschland einmalige Sonderregelung, daß Bremerhavener Abgeordnete direkt ins Landesparlament kommen, müßte aus der Bremer Landesverfassung gestrichen werden. Verfassungsänderungen gehen aber entweder nur einstimmig oder als Volksabstimmung etwa parallel zu den Europawahlen 1994. Bei Akzeptanz dieser Europäisierung der Bremer Verfassung könnten die demokratischen Elemente helfen, die die SPD-Arbeitsgruppe debattiert hat.

Daß die Landesebene in einer derartigen Verfassung zu schwach ist und daß die Reduzierung der „Landesregierung“ auf vier oder fünf Mitglieder ohne großen Apparat zu einer Vorbereitung der Auflösung des Landes werden könnte, sieht Barsuhn nicht: „Ich warne vor dieser Diskussion“, sagte er. Landeswahlleiter Hannemann ist sogar der Ansicht, daß die Reform die Eigenstaatlichkeit stärken könnte.

Die Stadtstaaten Hamburg und Berlin stehen nicht vor dem Problem wie Bremen: Sie haben starke Bezirksämter und -parlamente, die die europäischen Anforderungen eines kommunalen Wahlrechts erfüllen. Auch in Bremen wird das Konzept „Verschmelzung der Beiräte in drei Bezirksämtern“ diskutiert, allerdings bisher in einem anderen Zusammenhang: Die stadtbremischen Beiräte, die zwischen 500 (Blockland, Strom) und 50.000 Einwohner (Neustadt, Hemelingen) repräsentieren, können nach dem geltenden Beiräterecht stadtplanerische Entscheidungen blockieren, verfügen selbst aber nicht über Planungskompetenz und tragen auch keine übergreifende Verantwortung. Die Ablehnung von Asylbewerber-Unterkünften und Drogenhilfe-Einrichtungen in den Beiräten hat die Sozialpolitiker auf die Palme gebracht. Bau-Staatsrat Lüthge kritisiert die Blockade von stadtteilübergreifenden Straßenbau- Projekten. Das Beiratsgesetz soll deshalb novelliert werden, die die letztliche Entscheingskompetenz wieder dem Senat zuzuordnen („Rückholrecht“). Der Bremer Senat hat am 8. Dezember die Befassung der Novelle vertagt, um die Frage der Bezirksamtsstruktur vorher zu beraten. K.W.