■ Bonn-apart
: Benefiztennis und böse Folgen

Bonn (taz) – Was ist die vornehmste Aufgabe eines Bundesaußenministers in diesen bewegten Zeiten? Richtig: Tennis spielen! In seiner Freizeit betreibt Klaus Kinkel diesen Sport schon seit vielen Jahren. Heute opfert er fast den ganzen Tag, um die Bälle für einen guten Zweck über das Netz zu schlagen. Genauer gesagt, sind es zwei gute Zwecke: am Vormittag der Behindertensport, nachmittags bosnische Kriegsopfer.

Zunächst geht es um die Förderung des Rollstuhltennis. In der Halle des Bonner Tennis- und Hockeyvereins tritt unser Außenminister vor 500 Zuschauern zu einem Match gegen keine geringere als Steffi Graf – unsere Steffi! – an. Außerdem nehmen unsere Steffi und unser Klaus – man wird sie künftig nur noch in einem Atemzug nennen – an einem gemischten Doppel mit der deutschen Rollstuhltennismeisterin und einem Clubkamerad teil. Nein, Steffi und Klaus setzen sich zu diesem Zweck nicht in den Rollstuhl. Sie spielen stehend.

Gleich anschließend hetzt das neue Traumpaar des deutschen Benefiztennis in die Bonner Hardtberghalle. Kinkel als einer von etwa 3.000 Zuschauern und Graf als eine von vier Mitspielern – darunter Carl-Uwe Steeb und vielleicht Michael Stich – beteiligen sich an einem Turnier, dessen Einnahmen den Waisenkindern von Sarajevo zugutekommen sollen.

Leider hat diese Anhäufung guten Willens eine böse Folge. Während das Auswärtige Amt für den Rollstuhltennis jetzt schon Einnahmen von 50.000 Mark sicher erwartet, kann der Veranstalter der Sarajevo-Veranstaltung noch keine Prognosen abgeben. Die Konkurrenz des Turniers am Vormittag sei zu stark, klagt Steffen Schnorr, „die Sponsoren sind etwas verschreckt.“ Daß die bosnischen Kriegsopfer deshalb womöglich hinter den deutschen Behindertensportlern zurückstehen müssen, findet er einigermaßen unverständlich. Mit der eher abwartenden Politik in Sachen Bosnien, die zumindest die CDU dem Außenminister vorwirft, ist Schnorr sowieso nicht einverstanden. „Aber“, sagt er, „Kinkel hat bei uns ja die besten Möglichkeiten, sich dazu zu äußern.“ Hans-Martin Tillack