Der lange Weg zur einen Partei

■ Bündnis 90 beriet über die Vereinigung mit den Grünen

Berlin. Im Versammlungssaal im Haus der Demokratie herrschte am Samstag immer wieder Konfusion: Auf der Landesdelegiertenkonferenz des Bündnis 90 wurden mehrfach sich widersprechende Anträge angenommen. Nur mit knapper Mehrheit sprach sich der Parteitag für den Assoziationsvertrag der Bundesgrünen mit dem Bündnis 90 aus. In einer zweiten Abstimmung wurde der Vertrag lediglich „zur Kenntnis genommen“ und Nachbesserungen gefordert. Damit hätten die Berliner Delegierten für die Mitte Januar in Hannover stattfindende Bundesdelegiertenkonferenz, auf der über das weitere Vorgehen beraten werden soll, „praktisch keinen Handlungsauftrag“, beklagte Ulf Dahlmann, Mitglied des Parteivorstandes.

Etwas mehr Einigung wurde im Hinblick auf die angestrebte Vereinigung auf Landesebene mit der Westberliner Alternativen Liste erzielt. Bereits vor einer Woche hatten die Grünen/AL auf einer eigenen Landesdelegiertenkonferenz die Weichen für den Zusammenschluß gestellt, allerdings gibt es nach dem B'90-Parteitag immer noch Dissenspunkte. Schon seit dem Sommer verhandeln beide Organisationen regelmäßig über eine gemeinsame Satzung; Berlin hat bei der Vereinigung beider insofern eine Pilotfunktion, als hier im Abgeordnetenhaus eine gemeinsame Fraktion besteht.

Ein radikaleres Verfahren, als es die AL praktiziert, beschloß die Versammlung, was die Quotierung nach Männern und Frauen angeht. Danach sollen alle Mandate für den Parteivorstand, das Abgeordnetenhaus und mögliche Senatorenposten streng nach Quotierung besetzt werden. Ist keine geeignete Frau vorhanden, müssen die Plätze notfalls frei bleiben. Bei der Rotation orientierte man sich an den AL-Prinzipien und beschloß, daß ein Mandat in höchstens zwei von vier Amtsperioden von der gleichen Person wahrgenommen werden darf. Dissens herrscht zwischen Ost und West noch darüber, in welchem Verhältnis nach Ost und West quotiert werden soll. Das Bündnis 90, mit 300 Mitgliedern zahlenmäßig weit schwächer als die AL mit rund 2.600 Mitgliedern, hatte bisher darauf bestanden, daß alle Posten im Verhältnis von 1:1 besetzt werden. Dem widersetzt sich die AL, die dadurch einen überproportional hohen Einfluß der Bürgerbewegten fürchtet. „Man wird in diesem Punkt aufeinander zugehen“, sagte Anke Borcherding, die für die AL in der Verhandlungskommission sitzt, gegenüber der taz. Denkbar sei ein Verhältnis von einem Drittel für das Bündnis 90 und zwei Dritteln für die Grünen. Uwe Lehmann, Fraktionsmitglied für das Bündnis im Abgeordnetenhaus und vehementer Befürworter der Vereinigung, ist damit allerdings noch nicht zufrieden. „Wir gehen davon aus, daß zwei gleichberechtigte Organisationen sich zusammenschließen, und das muß sich auch in den Zahlenverhältnissen niederschlagen“, fordert er. Die Verhandlungen sollen im Januar weitergehen. Kordula Doerfler