Spatenstich für Ostsee-Autobahn

■ Krause beginnt die Bauarbeiten an der umstittenen A 20/ Umweltschützer bezeichnen Bauwerk als unnötig und unsinnig

Wismar (taz) – Wer A sagt, sagt auch B, dachte sich wohl der Beschleunigungsstratege Günther Krause, als er am Samstag zur Tat schritt. Mit dem ersten Spatenstich hatte der überehrgeizige Verkehrs- und kommissarische Postminister in der Nähe von Wismar selbst Hand angelegt, um sein Lieblingsprojekt zu beschleunigen: die fast 300 Kilometer lange und mehr als drei Milliarden Mark teure Ostsee-Autobahn von Lübeck nach Stettin. Zusammen mit dem Ministerpräsidenten von Mecklenburg-Vorpommern, Bernd Seite, ließ sich Krause dabei auch von Protesten der Umweltschützer nicht stören. Mitglieder von Greenpeace, Robin Wood und dem Aktionsbündnis „Keine A 20“ hatten zuvor 300 Bäume auf dem Baugelände gepflanzt und sich an die Bäume gekettet. Die Autobahn-Gegner bezeichnen das Bauwerk als verkehrsmäßig unnötig, wirtschaftlich unsinnig und ökologisch eine Katastrophe. Krause, die Landesregierung sowie Wirtschaft und Industrie erhoffen sich dagegen von der Ostsee-Trasse, die bis zum Jahr 2000 fertiggestellt sein soll, einen wirtschaftlichen Aufschwung im strukturschwachen Nordosten. Die Umweltschützer, unterstützt durch ein raumplanerisches Gutachten, bestreiten dagegen den wirtschaftlichen Nutzen des Projekts: Vorteile würden sich allenfalls kurzfristig für den Hamburger und Lübecker Raum ergeben.

Die fertige Betonpiste schon vor Augen, setzte Krause auf der Baustelle zu neuen Höhenflügen an: Mit diesem Vorhaben, so der Verkehrsminister, könnten alle bisherigen Rekorde im Autobahnbau der Bundesrepublik gebrochen werden. Der ersten Rekord sei mit einer nur zweijährigen Vorplanungszeit bis zum ersten Spatenstich der A 20 bereits aufgestellt worden. Genau darauf zielt eine wesentliche Kritik der Umweltschützer ab: Im Eilverfahren habe Krause ohne hinreichende Beteiligung von Behörden, Verbänden und BürgerInnen das Bauvorhaben durchgepeitscht – trotz des Beschleunigungsgesetzes, das derartige Genehmigungsverfahren verkürzt und teilweise aushebelt, ein rechtlich dubioser Schritt. Unterstützung erhielten die Umweltschützer von der Bundestagsgruppe Bündnis 90/Grüne. Deren verkehrspolitischer Sprecher, Klaus-Dieter Feige, sagte, der Bau sei weder von einem Verkehrswegeplan noch von einem Maßnahmegesetz rechtlich abgesichert. Der Bundesverband des Verkehrsklubs Deutschland nannte Krause gar einen „Autobahn-Stalinisten“ und forderte ihn auf, die Bauarbeiten nicht zu beginnen.

Der Minister nahm alle Vorwürfe gelassen hin. Den „Schreihälsen“ prophezeihte er, daß sie den wirtschaftlich notwendigen Lauf der Dinge nicht aufhalten könnten und selbst die Autobahn bald nutzen würden. es