Leben im „Lager der Wiederkehr“

■ Die Deportierten organisieren Lagerkomitees/ Das Rote Kreuz unterstützt sie mit Wasser und Lebensmitteln

Mardsch el Suhur – Die Deportierten haben die vierte Nacht im Niemandsland zwischen der von Israel beanspruchten „Sicherheitszone“ und dem libanesisch kontrollierten Gebiet verbracht. Am Samstag waren 57 mit Gasheizungen ausgestattete Zelte aufgestellt worden. Die Verbannten haben ihr Camp „Lager der Wiederkehr“ getauft.

Mittlerweile haben die Palästinenser eine Lagerverwaltung gebildet, zehn Komitees wurden geschaffen – zuständig unter anderem für Lebensmittelversorgung, Information und Gebet. „Es ist sehr kalt. Wir müssen unser Überleben organisieren“, sagt Scheich Abdallah Schami. Die Lebensmittelversorgung schien gestern vorläufig gesichert. „Wir haben am Samstag außer Küchengerät und Matratzen auch 50 ,Familienpackungen‘ geliefert, von denen jeweils sechs Personen fünfzehn Tage leben können“, sagt Bernhard Pfefferle vom Internationalen Roten Kreuz in Libanon. Gestern wurde noch ein Konvoi erwartet, der Trinkwassertanks bringen sollte.

Das IKRK will seine Hilfsbemühungen in dem provisorischen Lager demnächst zugunsten des UN-Hilfswerks für Palästina- Flüchtlinge (UNRWA) einschränken. „Wir sind in einer absoluten Notlage eingeschritten“, sagte Pfefferle. Das Rote Kreuz wolle sich nun auf seine traditionellen Aufgaben der medizinischen Versorgung und der Nachrichtenübermittlung beschränken. 300 Briefe wurden über die von Israel besetzte „Sicherheitszone“ bereits zu den Angehörigen der Deportierten nach Israel und die besetzten Gebiete gebracht. Für den Fall, daß eine Evakuierung eines Schwerkranken notwendig sein sollte, hat das Rote Kreuz bereits mit den libanesischen Behörden Kontakt aufgenommen. Bislang war dies aber nicht nötig. „Die sanitäre Situation ist Dank der palästinensischen Ärzte gut. Die haben die Sache in die Hand genommen haben“, sagt Pfefferle. Jeweils vier der zwanzig Ärzte, die sich unter den Verbannten befinden, sind in einem eigens errichteten Sanitätszelt ständig in Bereitschaft. Am Sonntag bleib das Lager zunächst nahezu völlig von der Außenwelt abgeschottet. Die libanesische Armee, die die einzige Straße zu dem Lager kontrolliert, hatte vorgestern mehrere Wagen, insbesondere jene der pro-iranischen Hisbollah-Miliz im Libanon, zurückgechickt. Nur Fahrzeuge des libanesischen Roten Kreuzes wurden durchgelassen. Am Vormittag wärmte die Sonne das Lager ein wenig auf, in dem in der Nacht das Termometer erneut auf Null Grad gefallen war.

Die Palästinenser geben sich kämpferisch. „Wir haben das Lager ,Lager der Wiederkehr‘ genannt, um dem zionistischen Feind und den Amerikanern unsere Entschlossenheit zur Rückkehr zu zeigen“, sagt der Arzt Omar Saleh el Fraun. Ein junger, bärtiger Mann fragt: „Was machen wir, wenn es anfängt zu schneien?“ „Die Hitze der Intifada wird den Schnee schmelzen“, antwortet einer. Michel Moutot, afp