Mann als Bombe

■ Schüsse auf ein türkisches Restaurant: Bewährungsstrafe für einen Schiffs-Maschinisten

Bewährungsstrafe für einen Schiffs-Maschinisten

Bei der Begründung seines Urteils redete Richter Beyer dem Schiffs-Maschinisten Horst Nehlsen kräftig ins Gewissen: „Sie gehen wie eine tickende Bombe durch die Stadt.“ Und: „Bei Ihnen ist eine gewisse ausländerfeindliche Haltung unter dem Mantel der Disziplin verborgen.“ Zuvor hatte er den 50jährigen wegen Verstoßes gegen das Waffenrecht, Sachbeschädigung, Volksverhetzung und Beleidigung zu einer Bewährungsstrafe von einem Jahr und neun Monaten verurteilt. Zusätzlich verhängte er eine Geldstrafe von 5000 Mark.

Horst Nehlsen hatte am Morgen des 3. November mit seiner in Argentinien gekauften Pistole auf die Leuchtreklame des türkischen Restaurants „Marmara“ am Steindamm geschossen. Verletzt wurde niemand, aber es entstand erheblicher Sachschaden. Zum Zeitpunkt der Tat war Nehlsen nach einer langen Zechtour erheblich angetrunken, jedoch laut gerichtsmedizinischem Gutachten nicht schuldunfähig. Gleich nach den Schüssen nahmen ihn zufällig vorbeikommende Zivilfahnder fest.

Als Beweggrund für die Tat nannte Nehlsen gegenüber den Polizisten seinen „Haß auf Ausländer“, wie Zeuge Thomas Rudloff bestätigte. „Ich bin der Meinung, er meinte das auch so“, sagte der Polizist aus. Bei einer Hausdurchsuchung wurde später ein grob ausländerfeindliches Flugblatt in Nehlsens Wohnung gefunden.

„Den Rassismus darf man beim Angeklagten aber nicht zu hoch bewerten“, meinte Richter Beyer, „Obwohl ich die Aussagen auch nicht verharmlosen will.“ Schlimmer bewertete er den den Gebrauch der Schußwaffe. Zumal es sich dabei um eine Wiederholungstat des Angeklagten handelte. Horst Nehlsen hatte bereits 1983 in einer Reeperbahn-Kneipe um sich geschossen — ebenfalls in alkoholisiertem Zustand. „Wenn man das liest, wird einem ganz furchtbar schlecht“, hielt Richter Beyer dem Angeklagten vor.

Das Urteil ging bei der Strafzumessung ein Jahr über die Mindeststrafe hinaus. Torsten Schubert