Nagel: Lust am Bauen bringt Jahrhundertboom

■ Ziel: Beschleunigung der Verfahren/ 1992 über 20 Milliarden Mark verbaut

Berlin. 1992 wurde in Berlin erstmalig die Investitionsgrenze von 20 Milliarden Mark bei öffentlichen und privaten Bauten überschritten, sie liegt damit zehn Prozent höher als im Vorjahr. Für das kommende Jahr ist mit einer weiteren Steigerung zu rechnen. Wie Bausenator Wolfgang Nagel gestern erklärte, wird Berlin bis zum Jahr 2000 den Bauboom des Jahrhunderts erleben, die Stadt werde zur „Hauptstadt der Baukräne“.

Die durch die Baumaßnahmen entstehenden Behinderungen müssen nach Nagels Ansicht in Kauf genommen werden, sie seien auch durch eine noch so gute Logistik nicht zu umgehen. „Da müssen wir durch“, lautete seine Aufforderung an womöglich genervte Bürger. Nagel, dessen Lust am Bauen „ganz ungebrochen“ ist, will die Verfahren sogar noch beschleunigen. In diesen Tagen werde eine Änderung des Allgemeinen Sicherheits- und Ordnungsgesetzes auf den Weg gebracht, die es der Bauverwaltung ermöglicht, die Genehmigungsverfahren an sich zu ziehen. Dies soll, nach dem Willen des Bausenators, dann der Fall sein, wenn Projekte mehr als 100 Wohnungen oder 30.000 Quadratmeter Gewerbefläche umfassen. Er will einschreiten, wenn er „politisch motivierte Verweigerungshaltung vor Ort“, in den Bezirken, vermutet. Zu den Protesten der Kreuzberger Baustadträtin Erika Romberg gegen die Betonierung des Gleisdreiecks erklärte Nagel, daß er am Bau einer Betonmischanlage für die Bauvorhaben am Potsdamer Platz festhalten werde.

Bislang wurden von der Bauverwaltung 150 Investitionsvorrangbescheinigungen vergeben und damit Projekte in einer Größenordnung von 17,3 Milliarden Mark ermöglicht. In einer gleich großen Zahl von Fällen wurde ein entsprechendes Begehren abgelehnt, 500 warten noch auf einen Bescheid.

Die meisten Baukräne werden im Bezirk Mitte stehen. Auf dessen nur 10,7 Quadratkilometer großen Areal werden nicht nur zwei Projekte mit einem Volumen von jeweils über einer Milliarde Mark realisiert (Potsdamer Platz und Olympia-Mehrzweckhalle), dort befinden sich zudem die Standorte von 17 Privatinvestitionen (Bauvolumen insgesamt mehr als 7 Milliarden Mark). Hinzu kommen noch die Bauvorhaben für Bundesregierung und Bundestag sowie „gewaltige Maßnahmen für den Bahnbau“, wie die U-Bahn-Linien 3 und 5 und die ICE-Verbindung. In Anbetracht dieser Größenordnung mahnte sogar Nagel, daß man aufpassen müsse, daß Berlin-Mitte nicht im Bauboom ersticke. Dieter Rulff