Israels Hilfsmiliz eröffnete das Feuer

■ Drei Palästinenser verletzt/ Libanesische Armee drängt Deportierte ab/ Peres distanziert sich vorsichtig/ Gemeinsame Veranstaltung von PLO und Hamas/ Erneut Mädchen im Gaza-Streifen erschossen

Mardsch el-Suchur/ Jerusalem (AFP) – Die proisraelische Hilfsmiliz Südlibanesische Armee (SLA) hat gestern im Südlibanon zweimal das Feuer auf die 415 aus Israel ausgewiesenen Palästinenser eröffnet. Dabei wurden mindestens drei Palästinenser verletzt, einer davon schwer. Der Libanon hatte sich in der vergangenen Woche geweigert, die Palästinenser aufzunehmen, die von der israelischen Regierung für zwei Jahre ausgewiesen worden waren.

Der Konflikt zwischen Israel und dem Libanon hatte sich gestern morgen verschärft, als die libanesische Armee Hilfslieferungen für die Palästinenser verbot. Von dem Verbot war auch das Internationale Komitee vom Roten Kreuz (IKRK) betroffen, das den Palästinensern Decken und Zelte zur Verfügung gestellt hatte. Kurze Zeit nach dem Verbot forderte der libanesische Offizier Omar Halabi die Palästinenser auf, ihre Zelte zu verlassen und in Richtung Semrajja zu marschieren. Als die Palästinenser sich der SLA- Stellung näherten, eröffneten rund fünfzig Milizionäre das Feuer.

Der Beschuß der Palästinenser durch die SLA ließ am Montag mittag zunächst nach. Zwei israelische Hubschrauber überflogen die Region am Mittag in sehr niedriger Höhe. Ein von den Schüssen schwer verletzter 28jähriger Palästinenser wurde in ein Krankenhaus in Raschaja eingeliefert, das in dem von der libanesischen Armee kontrollierten Gebiet liegt. Der zweite Verletzte weigerte sich gegen seine Einlieferung ins Krankenhaus. Er wolle bis zum Tod ausharren, sagte er. Am Nachmittag feuerten SLA-Milizionäre erneut auf die Palästinenser und verletzten einen weiteren.

Die Palästinenser kehrten nach Angaben aus libanesischen Armeekreisen trotz des Beschusses nicht zu ihren Zelten zurück, die am Freitag im „Niemandsland“ zwischen der von Israel besetzten „Sicherheitszone“ und der libanesischen Grenze errichtet worden waren. Der israelische Ministerpräsident Jitzhak Rabin warnte die Deportierten vor einer Rückkehr nach Israel. Dies wäre ein schwerer Irrtum. „Wir sind fest entschlossen, unsere Entscheidung umzusetzen und sie (die Palästinenser – d. Red.) provisorisch auszuweisen“, sagte Rabin. Die Armee verstärkte am Montag ihre Einheiten entlang der Grenze zur „Sicherheitszone“.

Gemäßigter gab sich dagegen der israelische Außenminister Peres. Er könne die Ausweisungen nicht rückgängig machen und wolle nicht mehr davon reden. Er sei bei der Entscheidung im Kabinett aber anwesend gewesen. Seine Aufgabe als Außenminister sei es, für die Fortsetzung des Friedensprozesses zu sorgen, sagte Peres im Hörfunk.

Der Oberste Gerichtshof Israels wollte am Montag eine Entscheidung über die Rücknahme der Ausweisungen fällen. Zwei israelische Anwälte und ein Abgeordneter hatten Einspruch gegen die Ausweisungen eingelegt. Der Einspruch wurde damit begründet, daß das Leben der verbannten Palästinenser in Gefahr sei. Gestützt wurde die Klage auf ein Gerichtsurteil von 1971, nach dem die israelischen Behörden Personen nur in Länder ausweisen dürfen, die sich zu ihrer Aufnahme bereit erklärt haben.

Vor dem Hintergrund der massiven Deportationen kam es am Sonntag erstmals seit Beginn der Intifadah zu einer gemeinsamen Veranstaltung der palästinensischen Befreiungsorganisation PLO und der radikal-islamistischen Hamas-Bewegung. Die Anhänger der bislang verfeindeten politischen Gruppen versammelten sich im El-Hakawati-Theater von Ostjerusalem, um gegen die Deportationen zu protestieren. Bei neuen Protestdemonstrationen palästinensischer Jugendlicher in der Stadt Khan Yunis im Gaza- Streifen wurde auch gestern wieder ein zehnjähriges Mädchen erschossen. Die Jugendlichen hatten trotz der Ausgangssperre israelische Soldaten mit Steinen beworfen. Die Soldaten eröffneten das Feuer, als die Jugendlichen sie trotz der Ausgangssperre mit Steinen bewarfen.