piwik no script img

Die Lange-Kossak-Connection: legaler Filz

■ Gute Kontakte zahlen sich aus: Ex-Senator Volker Lange verdient mit Genossen-Hilfe in Hamburg Spekulations-Millionen

verdient mit Genossen-Hilfe in Hamburg Spekulations-Millionen

Zehn Jahre stand er in vorderster Reihe. Als Bausenator, Chef der Wirtschafts- und später der Innenbehörde. Heute arbeitet der Ex-Politiker lieber im Verborgenen. Mit seiner Unternehmensberatung „Political Consultant“, verdient sich der 49jährige durch seine guten Kontakte zu Hamburgs SPD- Prominenz eine goldene Nase; macht aus Filz Platin.

Besonders Großinvestoren, die in Hamburg mit riesigen Büroneubauten in Top-Lage Millionengewinne einstreichen wollen, bedienen sich gerne der Hilfe des altgedienten Genossen. Gleich zwei mehr als umstrittene Großprojekte hat Lange eingefädelt, mit tatkräftiger Hilfe von Hamburgs Oberbaudirektor Egbert Kossak.

So engagierte der Baulöwe Joachim Krech, Inhaber der KDG-Baugesellschaft, Lange, um sich mit seiner Hilfe die baurechtlichen Grundlagen für die Errichtung eines Bürohochhauses an der Ecke Lindenstraße/Adenauerallee zu besorgen. Langes Draht in die oberen Polit-Etagen ist so kurz, daß sogar Henning Voscherau schnell Partei für den Bürobau ergreift. In einem persönlichen Brief an Krech lobt der Bürgermeister im Juni 1989, daß durch den Bau eines Skandinavien-Center „die Verbindung Hamburgs mit den nordeuropäischen Ländern und damit die Funktion der Hansestadt als ‘südlichste Metropole Skandinaviens gefestigt'“ werde.

Was Voscherau gewußt haben dürfte, wenn er von Lange nicht absichtlich falsch informiert wurde: Der Name Skandinavian-Commerce-Center ist nur ein Trick, um Akzeptanz für das Mammut-Projekt zu gewinnen. In einem internen Papier der Wirtschaftsbehörde heißt es im September 1991 ganz unverblümt: „Der public relations wegen wird das Projekt als ‘Skandinavian Trade Center' tituliert. Daß skandinavische Firmen Ansiedlungsinteressen für das Projekt bekundet hätten, ist nicht bekannt.“

Interesse an dem Projekt aber bekundet bald schon Oberbaudirektor Egbert Kossak, damals noch in der Baubehörde tätig. Obwohl ansonsten kein Freund der Wolkenkratzer-Ästhetik, machte er Parteifreund Lange ein lukratives

Angebot. Die KDG-Immobiliengesellschaft soll nicht nur wie von ihr geplant neun- bis 14 Stockwerke hochziehen dürfen, sondern gleich 17 Geschosse. Ein bekannter Bauunternehmer schätzt: „Durch diese Zusage ist das Grundstück auf einen Schlag etwa 30 Millionen Mark mehr wert geworden“.

Doch Kossak verschafft Krech und Lange nicht nur saftige Spekulationsgewinne, sondern versucht auch das für den Bau des Büro-Giganten notwendige und zeitraubende Bebauungsplan-Verfahren zu umgehen. Erst das Landesplanungsamt und das bezirkliche Bauamt stoppen den rechtlich fragwürdigen Alleingang des Oberbaudirektors.

Um einen möglichen Widerstand im Bezirk gegen das Hochhaus im Keim zu ersticken, fädeln Lange und Kossak einen eleganten Deal mit Bausenator Eugen Wagner ein. Das direkt an den geplanten Neubau angrenzende Gebiet um die Böckmannstraße soll zum Sanierungsgebiet erklärt und mit den dafür notwendigen Voruntersuchungen noch vor Einleitung des B-Plan- Verfahrens begonnen werden. Wagner willigt ein und zieht die dafür notwendigen Finanzmittel ohne jegliche politische Begründung aus den geplanten Sanierungsvorhaben St.Pauli-Nord und Bartelsstraße (Eimsbüttel) ab.

Ergebnis der behördlichen Kulissenspiels: Die Bezirks-SPD gibt sich mit dem Sanierungs-Bonbon zufrieden. Trotz massiver Anwohnerproteste wird der für das ‘Skandina-

vien-Commerce-Center' maßgeschneiderte Bebauungsplan voraussichtlich im kommenden Frühjahr öffentlich ausgelegt, 1994 dürften die Baukräne auffahren. Lange, der in SPD-Kreisen gerne damit prahlt, daß er für seine guten Kontakte stets 1 Prozent der Gesamt-Investitionssumme beim Bauherrn abkassiert, wird dann etwa um eine Million reicher sein.

Noch einträglicher aber dürfte Langes Beratungstätigkeit für die Investorengruppe „Allgemeine Beteiligungsgesellschaft für Gewerbeimmobilien“ (ABG) ausfallen. Sie plant die über 200 Millionen Mark teure Neubebauung des Millerntorplatzes, dort wo heute das asbestverseuchte Iduna-Hochhaus steht. Auch hier verhandelte der Ex-Senator direkt mit Kossak und erhielt großzügige Zugeständnisse. So sollte die ABG einen Bürokoloss errichten dürfen, der dreimal soviel Nutzfläche aufweist wie der Iduna- Skyliner. Lediglich 40 bis 80 Wohnungen sollten dort untergebracht werden.

Doch diesmal dürfte sich Kossak mit seinem Offerten an den Parteifreund zu weit aus dem Fenster gelehnt haben. Nachdem die Deputation der Stadtentwicklungsbehörde (Steb) ihn Ende Oktober aufforderte, „den vorliegenden Bebauungsplan auf dieser Basis nicht weiter zu verfolgen“, distanzierte sich der Oberbaudirektor kurz darauf von den Investoren-Plänen.

Womöglich eine teure Kehrtwende. Schon im Juni drohte Volker Lange der Steb, daß Neubauprojekt platzen zu lassen, wenn er nicht noch in diesem Jahr eine Vorweggenehmigung für den durch drei

zwölfgeschossige Rund-Türme gekrönten Dienstleistungs-Palast bekäme. Ende November forderte nach Informationen der taz der geschäftsführende ABG-Gesellschafter Horst Rahe von der Steb eine Genehmigungsgarantie und, wenn diese politisch nicht mehr durchsetzbar sei, einen „Ausgleich“. Ein Insider: „Die Investoren wollen die Steb offensichtlich auf Schadenersatz-Millionen verklagen“. Den Steuerzahler könnte die Lange-Kossak-Connection so teuer zu stehen kommen; der Ex-Senator aber dürfte einen Gutteil der drohenden Schadenersatzzahlungen in seine Taschen wandern lassen. Marco Carini

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen