piwik no script img

CDU-Kabale um Rep-Kontakte

■ Reinickendorfer Stadträtin und Kreisvorsitzender sollen mit Reps gekungelt haben/ Parteibeschluß mißachtet/ Rücktritte

Berlin. Bei der Reinickendorfer CDU hängt zur Zeit der Parteisegen schief. Mit „ehrabschneiderischen Unterstellungen“, „verdrehten Fakten“ und Verratsvorwürfen werden seit Wochen parteiinterne Grabenkämpfe ausgefochten, die nun die ersten personellen Opfer gefordert haben. Der Fraktionsvorsitzende in der Bezirksverordnetenversammlung Heinz Ziese trat von seinem Parteiamt zurück, desgleichen die beiden stellvertretenden Kreisvorsitzenden, der Staatssekretär in der Gesundheitsverwaltung Detlev Orwat und der Finanzstadtrat Uwe Ewers. Am 21.1. wird sich der Landesvorstand mit den Vorgängen befassen, die der Generalsekretär Karl-Joachim Kierey nur noch „mit Mißfallen betrachtet“. Die Parteispitze wird darüber zu befinden haben, ob gegen die Gesundheitsstadträtin Marlies Wanjura ein Ordnungsverfahren eingeleitet wird.

Wanjura wird von Ziese vorgeworfen, im Sommer Gespräche mit den „Republikanern“ geführt zu haben, um sich den Posten des Reinickendorfer Bürgermeisters zu sichern. Bei diesen Gesprächen, so Ziese in einem Schreiben, das nun auch Kierey vorliegt, „wurde den Republikanern versprochen, daß, wenn sie die Spitzenkandidatin zur Bezirksbürgermeisterin mitwählen, wir als CDU uns dafür einsetzen würden, daß sie das Ressort Jugend und Sport bekommen“. Diese Gespräche seien auf Vorschlag des Kreisvorsitzenden, des stellvertretenden CDU-Fraktionsvorsitzenden Diethard Schütze, zustande gekommen. Dieser sei, so Ziese gestern gegenüber der taz, auch zugegen gewesen, als sich die Runde im Sommer am Rande einer Plenardebatte in der Kantine des Abgeordnetenhauses traf. Wanjura erhielt trotzdem nicht die erforderliche Stimmenzahl, da die FDP für einen SPD-Mann stimmte. Die Junge Union witterte seinerzeit „Verrat an der CDU- Basis“, denn einige CDU-Mandatsträger hätten „durch taktisch unkluges Verhalten“ die wenigen Chancen der CDU zerstört. Der Dorn im Auge der rechtslastigen JU-Riege hieß Ewers. Der Stadtrat für Finanzen hatte kurz vor der Bezirksamtsbildung auf dem Kreisparteitag einen Antrag eingebracht, der eine Zusammenarbeit mit den „Republikanern“ ausschließen sollte. „Völlig überflüssig“, wie der JU-Kreisvorsitzende Jörg Schlerfer fand, sei doch ein „taktischer Vorteil“ gegenüber der SPD verschenkt worden. Der Antrag fand allerdings die Mehrheit der Reinickendorfer CDUler. In einem parteiinternen Rundbrief mokierten sich daraufhin die JU- Aktivisten darüber, daß Ewers bei seiner Stadtratswahl auch Stimmen aus der SPD erhielt, was sie, „vor dem Hintergrund, daß Frau Ewers aktives SPD-Mitglied“ ist, nicht verwunderlich fanden. Nach dieser Breitseite von rechts und den sich daran anschließenden Auseinandersetzungen schmiß Ewers sein Parteiamt.

Mit seinem Votum gegen eine Zusammenarbeit mit den „Republikanern“ entsprach der Kreisparteitag voll dem Willen des Landesvorsitzenden Diepgen und des Generalsekretärs Kierey. Diese hatten gleichfalls „Republikaner“- Kontakte ausgeschlossen.

Wanjura bestreitet bislang entsprechende Gespräche. Ihre vermeintliche Gesprächspartnerin, die „Republikanerin“ und jetzige Sozialstadträtin Ingeborg Seifert, wollte gegenüber der taz kein Licht in das Dunkel des angeblichen Treffens mit Frau Wanjura bringen. Das, so befindet sie, „muß die CDU mit sich ausmachen“. Für den Fall, daß die Kontakte sich als wahr herausstellen sollten, hat die SPD einen Abwahlantrag gegen Wanjura angekündigt. SPD-Fraktionsvorsitzender Peter Senftleben hatte schon länger bei Teilen der CDU die Tendenz erkannt, die „Republikaner“ als normale Partei zu behandeln. Dieter Rulff

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen