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Eine Lichtspur für die Menschlichkeit

■ Morgen werden Zehntausende erwartet/ Auch die Türkische und Jüdische Gemeinde rufen zur Lichterkette auf

Berlin. Morgen ist es soweit. Zur Lichterkette gegen Gewalt, Fremdenhaß und Antisemitismus werden Zehntausende von Menschen erwartet. Vielleicht kommen sie gerade deswegen, weil die Aktion von unten organisiert wurde. Ab 18 Uhr und bis 18.30 Uhr soll die Ost-West-Achse leuchten, vom Lustgarten bis zum Theodor- Heuss-Platz. Genau jene Straßen sollen durch Kerzen hell werden, die einst Hitlers Rüstungsminister durch die Stadt schlagen ließ, damit brauner Prunk und Panzer für den Krieg rollen können.

Aber morgen werden die Lichter für Frieden, Toleranz und Menschlichkeit leuchten – wie zuvor in anderen Orten ganz Deutschlands. Zeichen setzen den Alt- und Neonazis, den Rassisten und Fanatikern zeigen, daß die Mehrheit nicht auf ihrer Seite steht, schafft vielleicht einmal den Mut, persönlich einzugreifen, wenn es not tut. „Dem gewöhnlichen Nazismus, der bekennenden Unbelehrbarkeit unsere bürgerliche Courage im Alltag entgegenstellen“, das fordert auch der Schriftsteller Ralph Giordano. Der „Bund der Berliner EinwanderInnen aus der Türkei“ (BETB) ergänzt: „Die Teilnahme an den Lichterketten beweist, daß eine große Anzahl von Menschen in Deutschland die Geschehnisse in den letzten Wochen nicht befürworten, sondern sich dagegenstellen“. Ihre Mitglieder wollen sich an der Lichtspur beteiligen und erwarten von den politisch Verantwortlichen, daß auch sie Signale setzen: „Die Nichtdeutschen im Land müssen rechtlich und gesellschaftlich den Deutschen gleichgestellt werden.“ Auch der Vorsitzende der Türkischen Gemeinde, Mustafa Cakmakoglu, hat seine 20.000 Mitglieder zum Mitmachen bei der Lichtspur aufgerufen. Zwar seien solche Demonstrationen „nur Ausdruck des guten Willens“, aber vielleicht führe die Symbolik auch mal zu Taten. Erst in der vergangenen Woche seien Gemeindemitglieder in der Oranienstraße von Rechtsextremen bedroht und vorgestern eine türkische Imbißbude angegriffen worden.

Daß viele Menschen an der Lichterkette teilnehmen, hofft auch der Vorsitzende der Jüdischen Gemeinde zu Berlin, Jerzy Kanal. Er und viele Gemeindemitglieder wollen sich einreihen, allerdings ohne Kerzen. „Das an diesem Abend beginnende Schabbat- Gebot verbietet das Tragen von Gegenständen“, sagt er, „aber nicht das Gehen.“ Die Lichterketten gehören zu den Ereignissen, die „wir uns seit Jahren wünschen. Wir freuen uns sehr, daß die Menschen nicht länger schweigen und sich nicht an die täglichen Horrormeldungen über Überfälle und Mordversuche gewöhnen.“ Viele Prominente des Kulturbetriebes wollen sich ebenfalls auf der Ost- West-Achse oder auf der zeitgleich stattfindenden Spandauer Lichtspur einreihen. Gestern forderte auch der Hauptpersonalrat sämtlicher Berliner Behörden die Beschäftigten auf, ihre Solidarität gegenüber den ausländischen KollegInnen mit Lichtern zu zeigen. Anita Kugler

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