Couchpotato's Weihnachtsplätzchen

■ Erleuchtung durch Fernsehen: Das Programm am Heiligabend, den Feiertagen eins und zwo und am folgenden Sonntag

Donnerstag, 24.12.

Die Programmgestalter sind scheint's einig: Faye Dunaway, Greta Garbo, Richard Harris und Rex Harrison fügen sich am besten ins Festtagsprogramm. Auch unsere Senta Berger schlug sich nicht schlecht. Bevor es endgültig ernst wird mit süßlich verwesender Beschaulichkeit, kalendarisch verordneter Sanftmut und der Zwangsharmonisierung verfeindeter Familienmitglieder, gibt das TV-Programm Gelegenheit, schnell noch einmal beherzt abzulachen.

Die Komiker Mark Britton und René Bazinet beispielsweise nehmen mit ihrer turbulenten Farce „Merry Christmas, Mr. Smith“ vermittels englischem Humor jedweder Feierlichkeit den Schrecken (ARD, 13.30 Uhr). Auch der Film „Weihnachten im Juli“ (Nord3, 18.55 Uhr) ist bestens zur Bekämpfung trüber Adventsstimmung. Die Komödie war die zweite Regiearbeit des verehrungswürdigen Preston Sturges, der auch das Buch verfaßte.

Anläßlich des Kinostarts der Bestsellerverfilmung „Salz auf unserer Haut“ stand hie und da zu lesen, der Regisseur Andrew Birkin sei der Sohn Jane Birkins. Realiter sind die beiden verschwistert. Andrew Birkin gehörte zum Autorenteam von „Der Name der Rose“ und schrieb, frei nach Stefan Zweig, auch das Skript zu „Brennendes Geheimnis“ (Bayern3, 21.40 Uhr). Er selbst inszenierte die melodramatische Geschichte um den zwölfjährigen Edmund (David Eberts), der während eines Kuraufenthaltes in den Alpen die Liebesaffäre seiner Mutter (Faye Dunaway) mit dem undurchsichtigen Baron von Hauenschild (Klaus Maria Brandauer) miterlebt und darüber zum Erwachsenen heranreift.

Eine weitere Literaturbebilderung, erneut mit Faye Dunaway, offeriert die ARD dann mit „Warte bis zum Frühling, Bandini“ (21.45 Uhr).

Freitag, 25.12.

Kurz vor der Abwicklung zum Sportkanal gebärden sich die Tele5-Programmacher noch mal wie die Heiligen Drei Könige und servieren Gold, Weihrauch und Wencke Myhre („Schlagerleinwand“, 9.25 Uhr). Ergänzend gibt sich auch der Kabelkanal neutestamentlich und läßt Jesus in Gestalt des Max von Sydow auf Erden sandalieren („Die größte Geschichte aller Zeiten“, 19.30 Uhr). John Sayles liefert als unabhängiger Filmemacher immer wieder bemerkenswerte Arbeiten, „Lianna“ beispielsweise oder kürzlich „City of Hope“, ein Lehrstück in Sachen Bilderzählung. Sein Geld verdient Sayles in erster Linie als Drehbuchlieferant des Kommerzkinos, weshalb manche Exegeten von „Spaltung einer künstlerischen Persönlichkeit“ fabulierten.

„Vielfalt in der Wahl der Mittel“ träfe es vielleicht besser, denn auch ein kurioses Genrestückchen wie „Der Horroralligator“ (RTL, 17.05 Uhr) verpackt Sayles mit Witz und einem Quentchen Zeitkritik.

Gar prächtig stand Richard Gere die weiße Ausgehuniform der Marines, verzückt und mit verdrehten Augen verfolgten seine Fans, wie aus einem verantwortungslosen Rowdy durch harten militärischen Drill ein vollendeter „Offizier und Gentleman“ (Sat.1, 21 Uhr) wird, der zur Belohnung Debra Winger heimführen darf.

Bemerkenswert an der reaktionären Plotte ist allein die Mitwirkung von Louis Gossett. Er spielt den unerbittlichen Schleifer Foley, ein Part, der ursprünglich nicht explizit für schwarze Schauspieler ausgeschrieben war – was gemeinhin bedeutet, daß Afroamerikaner sich gar nicht erst zu bewerben brauchen. Hartnäckig bestand Gossett jedoch darauf, zum Vorsprechen vorgelassen zu werden, bekam die Rolle und ergatterte prompt einen „Oscar“ für seine darstellerische Leistung.

John Hughes „Ein Ticket für zwei“ ist um 20.15 Uhr auf Pro7 zu sehen und hat einen gezügelten, infolgedessen gleich noch mal so komischen Steve Martin zu bieten. In dem anschließenden Endzeitthriller „Cyborg“ (RTL, 23.15 Uhr) mit J.-C. Van Damme tragen die Protagonisten Namen wie Gibson Rickenbacker und Fender Tremolo, was den GitarristInnen unter uns gewiß ein leichtes Schmunzeln abnötigt.

Samstag, 26.12

Die Hand an der Wiege des Biests hat Rebecca de Mornay in „Die Schöne und das Tier“ (MDR3, 10 Uhr), was zu Vergleichen mit dem aktuellen Disney-Animationsfilm geradezu anstachelt, zielen doch beide Produktionen, anders als Cocteaus surrealistisch verfremdete Fassung „La Belle et la Bête“ (laut FSK ab 16), auf ein sehr junges Publikum. Sofern dann noch mal jemand Borowczyks umstrittenen „La Bête“ (nur für Erwachsene!) raustun könnte, hätten wir diese Chose weitgehend komplett.

Wenn der alte Komödienfuchs Philipp de Broca die Märchen aus tausendundeiner Nacht aufbereitet, kann man sicher sein, daß es sich dabei nicht um eine werkgetreue Verfilmung handelt. Auf das irrwitzigste brausen Scheherazade, Sindbad, Aladin und Konsorten umeinander, sind mal im heutigen England, mal im alten Orient und haben alles in allem einen Haufen Spaß „Scheherazade“ (ARD, 12.20 Uhr).

Die frechste Radioshow der Republik heißt „Frühstyxradio“, läuft jeden Sonntagmorgen bei Radio FFN und steuert neuerdings machtvoll das Fernsehen an („Up'n Swutsch EXTRA“, Nord3, 21.45 Uhr). Die drei- bis vierschrötigen Gesellen „Der kleine Tierfreund“, „Onkel Hotte“ und „Günter, der Treckerfahrer“ repräsentieren authentisch das niedersächsische Landleben, desgleichen das renitente Damenkränzchen „Frieda und Anneliese“.

Lange Jahre war Klaus Kinski der Schrecken aller C-Film-Regisseure. Seit Anfang der 80er aber sah man ihn häufiger in halbwegs seriösen Rollen. Er spielte unter Billy Wilder, James Toback und George Roy Hill. 1981 stand er neben Sterling Hayden, Oliver Reed und Sarah Miles für den Thriller „Die schwarze Mamba“ (Pro7, 22 Uhr) vor der Kamera.

Sonntag, 27.12.

Um 14.50 Uhr muß der kleine Michael Ande wieder los und zum vierten Male seit 1966 in See stechen, da doch „Die Schatzinsel“ auf ihn wartet, mitten in der Zweiten Deutschen Fernsee. In die Internatsschnulze „Der Club der toten Dichter“ (ARD, 20.15 Uhr) verziehen sich gern LehrerInnen, wenn sie mal zwei Stunden heile Welt genießen möchten. Aber den Schülern die Comics verbieten! Schämt Euch. Regisseur Peter Weir wird ganz streng im Auge gehalten, seit er den frankokanadischen Film „Les Noces de Papier“ mit dem fetten Depardieu als „Green Card“ remakte, ohne mit einem Wort auf das Original hinzuweisen. Soll sich auch schämen.

Sie habe immer schon gewußt, schrieb taz-Kolumnistin Marcia Pally sinngemäß über „Blue Steel“ (RTL, 22 Uhr), daß Jamie Lee Curtis prima einen weiblichen „Dirty Harry“ abgeben würde. Damit wäre Kathryn Bigelows gut gemachter Thriller genial erfaßt. Der Umstand, daß der psychopathische Killer über eine auf jüdische Herkunft deutende Physiognomie verfügt, könnte unerwähnt bleiben, gäbe es da nicht dieses seltsame Blutopferritual auf dem Hochhausdach, das dramaturgisch keinerlei Sinn macht und ein etwas ungutes Gefühl hinterließ. Aber vielleicht ist man in diesen Tagen einfach ein wenig überempfindlich...

„Macht Fernsehen dumm?“ möchte Großinquisitor Erich Böhme heute abend brillenbügeldrohend von seinen Talk-Gästen erfahren („Talk im Turm“, Sat.1, 22 Uhr). Das sollen doch mal (nicht live, sondern aufgezeichnet) folgende Gäste unter sich ausmachen: Iris Berben, Ulrich Meyer, Reginald Rudorf, Harald Schmidt, Klaus Staeck, Dieter Stolte und Dieter Wedel (Sat.1-Programmdirektor Heinz Klaus Mertes lud sich höchstselbst erst ein und dann wieder aus, weiß die Süddeutsche Zeitung – angeblich, weil Mertes wegen Staeck die Hosen voll hatte und es nicht schaffte, den Sozi- Zeichner ausladen zu lassen). Aber es gibt ja noch auf Pro7 Sam Peckinpahs „Sierra Charriba“, mit Charlton Heston, Richard Harris, James Coburn und der engelsgleichen Senta Berger (22.25 Uhr). Womit der Anschluß zum Beginn gefunden und das Feiertagsprogramm erläutert wäre – frohes Fest und allezeit eine Handbreit Bier unter der Fernbedienung! T. Le Vision