Israel: Die PLO bleibt weiter außen vor

■ Die Regierung ist auch künftig (noch) gegen Gespräche

Jerusalem (AP/AFP) – Im israelischen Kabinett ist gestern der Versuch gescheitert, die Nahost-Politik nach der Deportation von 415 Palästinensern auf eine neue Grundlage zu stellen. Die Mehrheit der MinisterInnen lehnte auf einer überraschend anberaumten Sitzung den Vorschlag ihrer KoalitionskollegInnen vom linksgerichteten Meretz-Block ab, künftig direkt mit der Palästinensischen Befreiungsorganisation (PLO) zu verhandeln.

Es war das erste Mal, daß die bisher in der offiziellen Politik Israels weitgehend tabuisierte Frage direkter Kontakte zur PLO in einem israelischen Kabinett erörtert wurde. Unter allen israelischen Regierungen herrschte bisher Einvernehmen darüber, die PLO als eine „Terrororganisation“ zu betrachten, mit der nicht verhandelt wird.

Erziehungsministerin Shulamit Aloni und Energieminister Amnon Rubinstein hatten ihren Vorschlag damit begründet, daß man nach der Deportierung von Mitgliedern der radikal-islamischen Organisationen Hamas und Dschihad Islami die Position der verhandlungsbereiten Palästinenser stärken müsse. Nach dieser weltweit kritisierten Aktion hatte die PLO die Teilnahme der palästinensischen Delegation an den Washingtoner Nahost-Gesprächen ausgesetzt. Auch hatten Annäherungsversuche zwischen Hamas und der PLO gesprächsbereite Israelis aufgeschreckt.

Ministerpräsident Jitzhak Rabin beschrieb die Position der Antragsgegner mit den Worten, man sehe derzeit keine Veranlassung, die israelische Politik hinsichtlich der PLO zu ändern. Dies wäre zum gegenwärtigen Zeitpunkt das falsche Signal. Doch ließen selbst Parteigänger Rabins durchblicken, daß sie direkte Gespräche mit der PLO zu einem späteren Zeitpunkt nicht ausschlössen. Zu den Befürwortern direkter Kontakte mit der PLO gesellte sich überraschend auch Außenminister Schimon Peres. Er sagte gestern in einem Interview, der PLO solle eine Rolle bei den Friedensverhandlungen zugestanden werden. „Israel muß mit allen Palästinensern und allen palästinensischen Organisationen sprechen, die den Willen bekunden, mit uns zu einem Friedensabkommen zu gelangen“, sagte Peres.

Nachdem das Oberste Gericht in Israel am Dienstag einstimmig die Rechtmäßigkeit der Ausweisung bestätigt hatte, wollten sich in Tunis gestern erstmals seit Beginn der Nahost-Gespräche Vertreter von PLO und Hamas treffen. Das verlautete aus palästinensischen Kreisen in Amman. Vier weitere PLO-Gruppen, die dem Friedensprozeß feindlich gegenüberstehen, wollten ebenfalls an dem Treffen teilnehmen. Wie ein hochrangiges Mitglied der Untergrundbewegung Hamas sagte, wollte Hamas von PLO-Führer Arafat „ein entschlossenes Handeln und einen endgültigen Rückzug“ aus den Friedensverhandlungen fordern. Aus Kreisen der Fatah-Bewegung, der stärksten Gruppierung innerhalb der PLO, verlautete indessen, daß Arafat sich nicht aus den Nahost-Friedensgesprächen zurückziehen wolle. Seite 8