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Der Fette bleibt fit

■ Tongas beleibter Monarch stählt sich im modernsten Fitneßcenter der südlichen Südsee für ewige Regentschaft

Nuku'alofa (taz) – Politisch läßt seine Kraft nach. Das Volk von Tonga, jenes zauberhafte Ensemble von 170 schmucken Inseln im Südpazifik, es murrt nämlich. Weniger jedoch ist seine Majestät selbst, König Taufa'ahaú, TupouIV., Zielschiebe vom allmählich gärenden Protest, als vielmehr die unzähligen anderen Günstlinge der Südseeroyals, die das Land eigensüchtig beherrschen und gutsherrlich verwalten.

Sportlich indes ist der dicke König, der als einer der sportlichsten Durchlauchts der Welt gilt, aktiver denn je. Schon mehrfach konnte in dieser Zeitung Bericht davon abgelegt werden, wie vorbildhaft der heute 74jährige Sechstel-Tonner der Lust an den Leibesübungen fröhnt. In jungen Jahren Boxer, Leichtathlet, Rugbyspieler und Gelegenheitsfußballer, geht er heute trotz kugelähnlicher Gestalt des Sonntags im Pool des internationalen Dateline Hotels baden, rudert durch den Hafen der Inselhauptstadt Nuku'alofa oder radelt auf einem besonders robusten Bike durch seine Straßen. Noch heute ist der König Landesrekordhalter im Stabhochsprung für Jugendliche, aufgestellt 1933 mit satten zehn Fuß Höhe. Angeblich soll der Wettkampf seither nicht verboten worden sein, jedem ist offen, den königlichen Rekord anzugreifen.

Der Bewegungsdrang des molligen Monarchen treibt seither immer neue Blüten. Jetzt hat TupouIV. sich und seinen Untertanen etwas in der abgelegenen pazifischen Inselwelt recht Einmaliges zugelegt: ein hypermodernes Fitneßstudio. Das Rohputzgebäude sieht aus wie eine überdimensionierte Garage. Aber das Innenleben hat es in sich: das Feinste an edelstahlblinkenden Foltermaschinen für den muskelbewußten „pacific body“. „Dies hier ist sicher das mit Abstand modernste Studio im Südpazifik“, sagt ein Angestellter stolz, und verschweigt sorgsam, daß es vielleicht wichtigeres für ein armes Land wie Tonga gibt als einen verchromten Latissimus-Trainer. Aber wenn es des freundlichen Herrschers Leben in Gesundheit verlängern mag...

Im Büro weist ein Benutzertableau unübersehbar auf die Auftritte des Regenten hin: montags, mittwochs und freitags „3 p.m. HIS MAJESTY“, steht da in großen roten Lettern.

Und dann kommt er. Eskortiert von Bodyguards schreitet der Monarch würdig in die Halle. Königliches Stretchen, Dehnen, Hüftwiegen, schließlich schweißtreibende Muskelarbeit und Kreislauftraining. Leider sind detaillierte Beobachtungen – anders als beim Rudern oder Radeln – unerwünscht. Glaubt man indes der Augenscheinnahme versierter Schlüssellochgucker im tonganischen Fitneßtempel, zielen die Übungen seiner Majestät in Turnhosen und Sweatshirt keinesfalls auf die Teilnahme an einem transpazifischen Triathlon.

Sein Herrscher, sagt ein Studiomitarbeiter, bringe nicht mehr tonnenweise Eisenlasten zur Hochstrecke, sondern arbeite an allgemeiner Körperertüchtigung: „Er ist nicht mehr sehr stark, aber noch wirklich fit.“

Tupou des Vierten unbändige Bewegungslust, soviel steht fest, scheint in Vergangenheit und Zukunft begründet. Zu Beginn seiner stets überaus gütigen Regentschaft vor gut 20 Jahren hatte er sich einmal auf einer extrastarken Sänfte durch die Straßen tragen lassen, als eine der vier Tragehalterungen abbrach und er beinahe unters Volk gepurzelt wäre. Seitdem ist dieses Ritual abgeschafft und Tongas schwerer König schwor auf Reduktion der damals herrschenden 230 Kilogramm.

Mit stattlichem Erfolg: Ein Zentner ist schon weggeschwitzt. Und so soll es weitergehen – nur fit, gesund und vital werde sein Leib und Leben noch viele tropische Sommmer überdauern, bis der Herrscher über die „friendly islands“ letztendlich den Weg aller Irdischen nach Hawaiki antritt. Dann werden endgültig neue Zeiten anbrechen für den Inselstaat, denn in einem sind sich alle politischen Beobachter einig: ohne TupouIV. als allseits respektierte und charismatische Persönlichkeit wäre das einzige Königreich der Südsee schon längst nur noch Historie. Bernd Müllender

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