■ Das Portrait: Zoe Baird
Im Kabinett des neuen US- Präsidenten gehört Zoe Baird zu denen, die mit den meisten Vorschußlorbeeren bedacht worden sind. Das erscheint auf den ersten Blick seltsam, denn bei ihrem Lebenslauf drängt sich ihre Berufung zur Generalstaatsanwältin und damit Chefin des Justizministeriums der USA nicht gerade auf. Die 40jährige hat die meiste Zeit ihrer Karriere als Topanwältin in der Privatwirtschaft zugebracht. Nun soll sie ein Ministerium leiten, das unter Reagan und Bush um das Fünffache auf nunmehr 80.000 Mitarbeiter angewachsen ist.
„Sie ist knallhart, zielstrebig und begabt“, lobte Bill Clinton die erste Justizministerin in der Geschichte des Landes. „Sie ist eine fähige Managerin und hat bewiesen, daß sie schwierige Fälle lösen und Ordnung in komplexe Organisationen bringen kann.“ Diese Eigenschaften wird sie nötig haben, denn Baird übernimmt ein Behörde, die nach zwölf Jahren republikanischer Administration durch Skandale wie die Vertuschungsversuche in Sachen Iraqgate in Verruf gekommen ist und sich zudem durch eine extrem konservative Politik auszeichnet. Das Ministerium vertritt nicht nur die US-Regierung in Rechtsfragen, hier werden auch politische Maßnahmen anderer Ministerien rechtlich abgesichert. Vor allem die Abteilung für Umweltschutz hat sich in den letzten Jahren als Bastion gegen entsprechende Gesetze erwiesen.
In den Kreis der Kabinettsmitglieder ist Baird vor allem durch die Empfehlung des neuen Außenministers und Chef des Übergangsteams, Warren Christopher, gelangt. Die Berkeley-Absolventin arbeitete zwischenzeitlich für Christophers Anwaltsfirma. Im letzten Jahr der Carter- Administration wechselte sie nach Washington und leistete im State Department während der Geiselkrise im Iran juristischen Beistand.
Foto: Reuter
Doch der Shooting-Star im Clinton-Kabinett ist keineswegs unumstritten. Sie hat als Anwältin von General Electric für ihre Firma und andere Rüstungskonzerne Eisen aus dem Feuer geholt. Für ihren letzten Arbeitgeber, eine Versicherungsgesellschaft, unterstützte sie Bushs Versuche, den finanziellen Spielraum für Schadensersatzansprüche gegen Konzerne einzuschränken. All das spricht durchaus für ihre juristischen Qualitäten. Die nötige Distanz zu Lobby- und Interessengruppen wird sie allerdings erst noch beweisen müssen. Andrea Böhm
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