■ Cash & Crash
: Zukunft bleibt unberechenbar

Das Börsengeschehen ist bekanntlich ein permanentes Ringen zwischen Bullen und Bären, zwischen positiven und negativen Faktoren. Wie würde der Aktienhandel sonst Verkäufer und Käufer finden? Und weil Gewinne und Verluste Emotionen ins Spiel bringen, ist es mit den Prognosen so eine Sache.

Einmal mehr steht pünktlich zum Silvesterfeuerwerk die Astrologie der Analysten wieder hoch im Kurs. Das insgesamt miese Jahr wird samt den falschen Vorhersagen schnell abgehakt, in Börsenbriefen bereits die todsicheren Tips für 1993 aus dem Hut gezaubert. Neues Jahr, neues Glück. Dabei gelten Konjunkturphantasie und Zinshoffnungen, kombiniert mit gezieltem Kaufverhalten als Erolgsmix. So empfiehlt etwa die Commerzbank den Kauf „ausgesuchter Spezialwerte“ wie Lynotype oder Preussag. Die Westdeutsche Landesbank rät zu Herlitz- Stammaktien, das Bankhaus Bethmann zu Veba-Werten, laut dem japanischen Brokerhaus Nomura sollen die Anleger von BASF und Bayer zu Höchst switchen. Stets wird mit Eigenlob nicht gespart, obwohl das abgelaufene Börsenjahr alles andere als ein Rekordjahr war. Die schlechten Performances deutscher Unternehmen machte selbst nicht vor soliden Börsengrößen wie Daimler, Volkswagen, Lufthansa oder den Chemiegiganten halt – die Kurse sackten ab. Selbst daß die meisten Firmen nicht einmal die Hälfte der erwarteten Gewinne erzielen konnten, ist für die Analysten kein Problem. Was soll's, gegen den Herdentrieb des Marktes können selbst sie sich Rechthaberei nicht leisten. Ihr Credo: Je schlimmer es gewesen ist, desto besser wird es 1993 oder 1994 sein. Und wer kein Vertrauen mehr in der deutschen Wirtschaft findet, dem wird zum US-Dollar geraten, der 1993 auf 1,71 Mark zulegen soll.

Wer angesichts der verbreiteten Kaffeesatzleserei den Analysten folgt, dürfte gute Chancen haben, auch 1993 einen Teil des Ersparten zu verlieren. Also lieber aus falschen Gründen Geld gewinnen als als mit richtigen Überlegungen welches in den Sand setzen. Wenn die Börsengurus wieder empfehlen, hilft nur eines: weghören. Erwin Single