Nicht das Gelbe vom Sport

■ Ob bei den Olympischen Winterspielen in Albertville oder im Sommer in Barcelona – die Devise lautete: Mit Katrin Krabbe durchs Sportjahr 1992

Berlin (taz) – Es war das Jahr des Dopings. Gewiß, daß gedopt wurde, war längst klar und keine wirkliche Sensation. Allein, wen es trifft, macht den Wert der Nachricht aus, die fortan mal lüstern, mal entrüstet in allen nur erdenklichen Stellungen über Bildschirme, Äther und Papier geisterte. Insofern war der Fall Krabbe – zumindest für uns Medien – ein Glücksfall. Besonders, weil Katrin Krabbe es so schön spannend gemacht hat. Im Gegensatz zu Ben Johnson, der sich einmal hat erwischen lassen, konnte Krabbe den offensichtlich anabolen Zustand lange verheimlichen. Um sie zu überführen, mußten Kontrolleure und Analytiker vor den Augen der spannenden Nation tief in die Materie eintauchen. Tatsächlich wurden Methoden des gelben Betrugs enthüllt, von denen zwar viele Verantwortliche wußten und einige einiges ahnten. Das gemeine Volk indes war geschockt: Sport soll schön sein, so schön wie die blonde Läuferin aus Neubrandenburg!

Statt dessen wurden in den Morgennachrichten, pünktlich zum Frühstück, körpernahe Urin-Depots serviert, Pumpen, mit denen kalter Fremd-Urin in warme Gastkörper getrieben wird, und Kondome, die mit Spender-Urin gefüllt quasi als Ersatzblase in die Frau eingeführt werden können.

Den Funktionären war der ganze Schmutz auf den weißen Westen natürlich peinlich, und manch einer versuchte es mit schlichtem Entfärben. Aufsehen erregte der Fall des Kanuten Detlef Hofmann. Nicht allein, weil in seinem Körper unerlaubt hohe Mengen Testosteron entdeckt wurden, sondern weil der Deutsche Kanu-Verband (DKV) die Affäre mit einem Treppensturz- Märchen kaschieren wollte. Doch zu dumm, der deutsche Sport hat argusäugige Aufpasser bekommen. Zum einen der Doping-Papst Manfred Donike, der die Proben in Köln analysiert. Und Brigitte Berendonk, die in ihrem Buch „Doping-Dokumente“ ein beeindruckendes Sündenregister von Sportlern, Trainern und Funktionären nachwies. Von solchen Gemeinheiten läßt sich der Deutsche Leichtathletik-Verband jedoch nicht verunsichern. Obgleich Berendonk den ehemaligen DDR- Cheftrainer Schubert als einen ausgewiesenen Fachdoper enttarnte, nahm ihn der DLV in seine Dienste. Kann ja was, der Mann. Während Schubert stetig an den Athleten arbeitet, sonnen sich die deutschen Funktionäre in ihrer Anti- Doping-Vorreiterrolle. Daß Deutschland diese tatsächlich innehat, bezweifelt Prof. Donike. „Wir sind keine Weltmeister der Doping-Tests, wenn ich unsere Zahlen mit denen in Australien, Kanada, Skandinavien oder Großbritannien vergleiche. Diese Hurra-Philosophie von Funktionären stimmt also nicht.“ Eine gemeine Rüge, schon zieht Rüdiger Nickel vom DLV das Büßerhemd an und verkündet ein pessimistisches Fazit: „Der Kampf gegen das Doping ist noch nicht verloren.“ miß