Geht es der 16E-Schicht an den Kragen?

■ Staatsanwaltschaft will eingestellte Ermittlungsverfahren gegen Beamte der Revierwache 16 nochmals überprüfen

gegen Beamte der Revierwache 16 nochmals überprüfen

Der berüchtigten Sondereinheit der Polizeirevierwache 16 in der Lerchenstraße, der sogenannten 16E-Schicht, geht es ans Leder. Generalstaatsanwalt Arno Weinert kündigte dieser Tage an, er wolle sämtliche gegen die E-Schicht eingestellten Ermittlungsverfahren noch einmal überprüfen.

Weinert hat sich damit Großes vorgenommen. Denn seit 1988 hat es nahezu 100 solcher Verfahren gegeben, die fast alle eingestellt wurden. Unisono ging es um die außerordentliche Brutalität, mit der die Einheit im Schanzenviertel ihr Unwesen treibt — sogar mit Rückendeckung von Innensenator Werner Hackmann (SPD). Weinert bestätigte nun, daß erst Ende Dezember schon wieder ein Ermittlungsverfahren gegen die Beamten endgültig eingestellt wurde.

Im Juli 1992 war ein 25jähriger Mann von der E-Schicht im Schanzenviertel festgenommen worden. Er soll einen der Beamten am Kopf verletzt haben. Das Ergebnis der vierstündigen Festnahme und „Vernehmung“ bestand für den 25jährigen in schweren Verletzungen, darunter eine Gehirnerschütterung und eine Nierenquetschung. Er erstattete Anzeige gegen die Polizisten wegen Körperverletzung im Amt und Freiheitsberaubung.

Ähnliche Vorfälle füllen inzwischen umfangreiche Aktenordner. Und immer wieder wurden die Ermittlungsverfahren gegen die E-Schicht mit der gleichen Begründung eingestellt: Die „widersprüchlichen Aussagen“ beider Seiten ließen es nicht zu, konkrete Strafhandlungen einzelnen Beamten zuzuordnen. So auch im Fall des 25jährigen. Zwar erkannte die Staatsanwaltschaft an, daß seine Verletzungen auf eine Körperverletzung im Amt hindeuteten, aber den oder die Täter konnte sie nicht ermitteln. Als „juristisch und politisch skandalös“ bezeichnete ein Rechtsanwalt dieses Vorgehen, „weil die Beschuldigten vom Gesetz her lügen dürfen und dem Geschädigten nicht geglaubt wird“.

Dabei könnte die Staatsanwaltschaft ohne weiteres gegen die Beamten der E-Schicht wegen Beihilfe zur Körperverletzung, Mittäterschaft oder unterlassener Hilfeleistung ermitteln. Das Interesse der Menschenrechtsorganisation amnesty international an der E-Schicht und der Einstellungspraxis der Staatsanwaltschaft könnte Weinert dagegen veranlaßt haben, sämtliche Ermittlungsverfahren noch einmal zu überprüfen. Norbert Müller