Silvesterbilanz: Vier Tote und 63 Verletzte

■ Schüsse in Schöneberg, Krawalle in Kreuzberg und über 1.000 Feuerwehreinsätze/ Polizei beschlagnahmte Raketen

Berlin. Vier Tote und 63 Verletzte hat es als Folge von gewalttätigen Auseinandersetzungen und Bränden in der Silvesternacht in Berlin gegeben. Ein 31jähriger Mann war am Neujahrsmorgen in Schöneberg durch die Schüsse eines Unbekannten tödlich verletzt worden. Eine 28jährige Frau und ihr dreijähriger Sohn konnten in der Silvesternacht nach einem Wohnungsbrand in Weißensee nur noch tot geborgen werden. Die Brandursache ist noch ungeklärt. Nach einer Schlägerei ebenfalls in Weißensee starb ein Mann an den Folgen seiner Verletzungen. Drei Tatverdächtige wurden festgenommen.

Zu der Schießerei am Neujahrsmorgen kam es nach Angaben des Chefs der Mordkommission, Manfred Vogt, nach einem Streit im Schöneberger „Lokal47“. Der 31jährige Bruno E., sein Freund Volker B. und dessen Freundin gerieten mit einem Türken aneinander. Der Streit im Lokal konnte nach Angaben der Kripo geschlichtet werden. Als die drei Deutschen draußen auf den Bus warteten, verließ auch der Türke das Lokal. Die beiden deutschen Männer gingen daraufhin bis zum Mittelstreifen der Yorckstraße vor und wurden dort von einem bisher unbekannten vierten Mann niedergeschossen. Bruno E. starb gestern nachmittag an den Folgen eines Bauchschusses. Der Türke gab bei der Vernehmung an, den Täter nicht zu kennen.

Wie jedes Jahr kam es auch diesmal wieder in Kreuzberg zu Krawallen. Laut Polizei errichteten etwa 100 Jugendliche im Bereich der Adalbertstraße brennende Barrikaden und bewarfen die anrückenden Beamten mit Feuerwerkskörpern, Farbbeuteln und Steinen. Ein Polizist wurde leicht verletzt, zwei Jugendliche wurden festgenommen. Kurz nach ein Uhr morgens hatte sich die Lage wieder beruhigt.

Ohne Zwischenfälle verlief hingegen die alljährliche Knastkundgebung in Moabit. Etwa 100 Menschen hatten gegen Mitternacht vor der Untersuchungshaftanstalt Moabit und vor dem Frauengefängnis Plötzensee „für eine Gesellschaft ohne Knäste“ demonstriert. Auch zu den befürchteten Überfällen autonomer Gruppen auf den Hellersdorfer Jugendclub „U5“ kam es nach Angaben der Polizei nicht.

Insgesamt hatte die Polizei dieses Jahr einen ruhigeren Rutsch ins neue Jahr als 1991/92. Mit 1.426 Einsätzen hatte sie etwa 600 Einsätze weniger als im Vorjahr. Laut Polizeibericht lag auch die Zahl der Verletzten um fast die Hälfte niedriger.

Die Feuerwehr wurde hingegen zweihundert Mal öfter gerufen als in der Silvesternacht vor einem Jahr. Mehr als 1.000 Einsätze gab es für die 1.500 Feuerwehrleute allein in der Zeit zwischen Mitternacht und sechs Uhr morgens. Bereits ab 22.30 Uhr herrschte nach den Worten des Pressesprechers Klaus Ziegler „Ausnahmezustand“.

In Neukölln wurde ein Feuerwehrmann beim Löschen eines Wohnungsbrandes verletzt. Zu schweren Bränden kam es außerdem in Charlottenburg, Hellersdorf und in zwei Weddinger Häusern. Personen kamen dabei nicht zu Schaden. Dramatisch verlief das Löschen eines Großfeuers am Waidmannsluster Damm in Reinickendorf. Dort hatte eine Silvesterrakete mehrere Stapel von Holzkabeltrommeln auf einer 1.600 Quadratmeter großen Fläche in Brand gesetzt. In letzter Minute konnte ein Übergreifen des Feuers auf eine nahegelegene Tankstelle verhindert werden.

Bereits vor dem Silvestertag waren von der Berliner Polizei rund 4.150 Kilogramm Feuerwerkskörper beschlagnahmt worden. Entweder hatten Geschäftsleute die Knaller entgegen den Sicherheitsbestimmungen im Reisebüro verkauft oder in überfüllten Räumen gelagert. Den größten Fund machten die Polizisten in einem Wohnhaus im Wedding, wo 2.870 Kilogramm Pyrotechnik sichergestellt wurden.

Ohne Moos nix los

Eine unangenehme Überraschung erlebten am Donnerstag mittag Hunderte BerlinerInnen, die an Geldautomaten der Sparkasse noch Geld für die letzten Stunden des Jahres holen wollten: völlig willkürlich spuckten die Automaten mal Geld aus, mal versiegte die Quelle plötzlich. „Irgendwie war da was kaputt“, erfuhr die taz gestern von der Girozentrale der Sparkasse der Stadt Berlin. Worin der Defekt bestand, konnte nicht in Erfahrung gebracht werden. Nur soviel: ab 18 Uhr war der Geldhahn wieder offen. akk/wahn